Die Wahrheit: Pornobalken im Laborversuch
Wirecard-Skandal und kein Ende: Was läuft falsch, was wird endlich viel besser in den restlichen 29 deutschen DAX-Großkonzernen?
Mit einem gigantischen Arschbombenknall explodierte der Münchner Finanzdienstleister Wirecard und ging heillos unter. Doch was zunächst nur nach der üblichen Bilanzfälschung mit kleinem, gepflegtem Anlegerbetrug aussah, wächst sich allmählich zum größten Betrugsskandal seit Hitlers Ansage aus, er könne ohne ausländische Risikokapitalgeber den Zweiten Weltkrieg gewinnen.
Die Münchner Staatsanwaltschaft geht im Fall Wirecard inzwischen von „gewerbsmäßigem Bandenbetrug“ aus; nach Hochrechnungen der Behörde könnten bis zu 3 Milliarden Euro verloren gegangen sein. Aber wen soll das noch wundern, nachdem der österreichische und inzwischen verhaftete Firmenchef namens Braun seinen Anlegern versprochen hatte, aus Scheiße sehr viel schönes Geld zu machen? Nichts anderes war schließlich das Geschäftsmodell des sympathischen Zahlungsabwicklers Wirecard.
Exklusiv für Wahrheit-Leser wird es hier und an dieser Stelle erstmals in leicht verständlicher Sprache erklärt. Ein typischer Wirecard-Deal, bis heute als Inbegriff sogenannter digitaler Zahlungskonzepte gefeiert, sah in etwa so aus: Die Abwicklungsfirma bezahlt mit Geld, das sie nicht besitzt, einem Händler, der noch kein Geld hat, die Rechnung eines Kunden, der nicht bezahlt hat – weil der entweder überhaupt nichts flüssig oder bereits all seine Kohle mit Wirecard-Aktien verzockt hat. Nach mehreren Luftbuchungen via Dubai, Singapur oder Irland taucht das Geld dann schließlich in irgendwelchen frisierten Bilanzen auf, die von Wirtschaftsprüfern für echt befunden werden, weil sie von Wirecard dafür mit Geld bezahlt wurden, das es nie gab, weil andere Händler indessen usw. usf. und dann wieder von vorne.
Zahlungsabwickler sind die Zecken der Blutsauger der Zwischenwirte im weltweit waltenden Hoch- und Schnellfinanzkapitalismus. Frau Merkel könnte ein Lied davon singen, aber sie wird es wohl nicht singen, außer Gerichte zwingen sie dazu. Dann wüssten wir alle genauer, wie die Bundeskanzlerin als Vorsitzende der Deutschland AG und unter Mitwirkung hochtoxischer Schießbudenfiguren von Olle Scholz bis Freiherrvonundzuguttenberg in China und anderswo Werbung für Wirecard machte.
Nun ist das Münchner Unternehmen pleite und fliegt aus dem Aktienindex DAX. Aber ist dann alles wieder gut? Oder lauern in den Vorstandsetagen der restlichen 29 Großkonzerne schon die nächsten, noch viel riesengrößeren Finanzskandale?
Autonomes Kutschieren im No-go-Nirwana
Bei Volkswagen ist man immer noch erschöpft vom Bescheißen mit Diesel-Emissionswerten, etliche Führungskräfte wurden extrem hart getroffen: Sie sitzen entweder in den USA im Knast oder müssen, wie in Deutschland im Fall Winterkorn, mit kläglichen 3.100 Euro Pension auskommen – am Tag. Um abzulenken, setzt der Wolfsburger Konzern voll aufs „autonome Fahren“, also auf Autos, die selbstständig entscheiden, wann sie mit wem wohin fahren, was und wie viel sie tanken und wann sie zusammen mit anderen Autofriends auf der Autobahn im Stau chillen. Frage: Wer will da überhaupt noch mitfahren?
Auch der Hauptkonkurrent Daimler ist, wie sich mehr und mehr abzeichnet, tief ins riskante und verpönte Autogeschäft verwickelt. Ohne dass es die Öffentlichkeit bemerkte, beschaffte sich der Stuttgarter Weltkonzern über Jahre hinweg und eventuell sogar via Darknet jede Menge anachronistischer Benzinkutschen und bunkert sie nun auf riesigen Parkplätzen rund um den Firmensitz in Zuffenhausen. Luftaufnahmen auf Google Maps beweisen das eindeutig: Alles voller Autos! Und die sind noch nicht mal autonom, sonst hätten sie ja wohl was Besseres zu tun, als ausgerechnet in Stuttgart abzuhängen.
Beim Chemie- und Pharmariesen Bayer mehren sich ebenso die Anzeichen, dass nach der 56 Milliarden Euro teuren Übernahme des Unkrautvernichters Monsanto die schmutzigen Geschäfte noch längst nicht rund laufen. Nachdem die Überschussmengen an gefährlichem Glyphosat Dank einer durch die CSU erwirkten EU-Zulassung jahrelang als Bierbeimischung in deutsche Biertrinker verklappt werden konnte, sucht der Konzern nun händeringend neue Entsorgungswege. Gerüchten zufolge soll das Zeugs direkt in Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (Nestlé beziehungsweise CDU) verfüllt werden, so wie Bayer überhaupt zunehmend Politiker statt Ratten für Laborversuche einsetzt – weil es Sachen gibt, die Ratten einfach nicht mitmachen.
Da sind wir auch schon bei der leidigen Frauenquote, die den DAX-Konzernen nach wie vor arg zu schaffen macht. Von den insgesamt 195 Mitglieder:innen deutscher DAX-Vorstand:innen, sind gerade mal 28 weiblicher Natur (14 Prozent). Das ist natürlich nur ein Mittelwert. Genauer bedeutet das: bei Bayer (null Prozent), bei E.ON (null Prozent), bei Heidelberg Cement (null Prozent), bei Infineon (null Prozent), bei der Linde AG (null Prozent), bei RWE (null Prozent) und bei Siemens (nullkommanull Prozent) ist der Frauenanteil nicht ganz so hoch wie bei anderen. Nicht nur Angela Merkel hält das für „absolut unzureichend“.
Autonome Männertitten bei Vorstand:innen im Kommen
Begründet wird das von Unternehmensseite in aller Regel damit, dass Frauen „so komplizierte Sachen mit Strom, Chemie, Zement oder Gabelstaplern“ nicht so richtig gut verstehen könnten wie etwa ältere, übergewichtige Männer mit grässlichen Brillen und körperlich entstellenden Rotzbremsen beziehungsweise Pornobalken.
Doch die Zeiten der rein männlichen DAX-Vorstand:innen sind längst gezählt! Bayer hat nämlich inzwischen bekanntgegeben, dass Männer, die über einen längeren Zeitraum hinweg Bier trinken oder gleich Glyphosat nehmen, schon nach relativ kurzer Zeit einen kugelrunden Acht-Monats-Bauch und darüber hinaus auch wohlgeformte, pralle Männertitten entwickeln und ausbilden könnten; der Rest wie etwa Geschlechtsangleichung, LGBT* und neues Vorstand:innen-Gehalt sei dann reine Formsache.
Signale immerhin, die bei fast allen DAX-CEO:innen für Auf- und Durchatmen sorgen. Sogar beim ganz und gar rein männlichen Baustoffkonzern Heidelberg Cement hat inzwischen auch der genderbetriebene Nachhaltigkeitsgedanke Einzug gehalten: Man wolle in Zukunft, so der Vorstand jetzt in einer Pressemitteilung, die Gewinnoptimierung noch viel nachhaltiger und die Vorstandsrunde auf alle Fälle diverser und weiblicher gestalten. Etwaige Bewerber:innen und Anwärter:innen sollten schon vor dem Einstellungsgespräch und selbstverständlich auf Firmenkosten mit äußerst nachhaltigen Betonsandalen ausgestattet werden.
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