Die Wahrheit: Blockbildung im Lager der Toten

Die britische Seite deathlist.net verzeichnet jene Prominenten, die vielleicht im Laufe eines Jahres sterben – mit durchwachsener Trefferquote.

Zuletzt hatte es George Michael erwischt, für den Weihnachten 2016 das „last christmas“ wurde. Lebensbegleitend ist dem Menschen die Bängnis um das eigene Ableben, die sich erst am Tag des Abgelebthabens legt. Trost gibt die wunderbare englische Seite deathlist.net. Sie zeigt einen angemessen frischen Umgang mit dem Thema Tod.

Seit dreißig Jahren legt ein Gremium zum Jahreswechsel fünfzig Prominente fest, die mutmaßlich sterben werden („on today, gone tomorrow“). 2015 wurde der Rekord von vierzehn Treffern egalisiert. 2016 gab es erst zehn Treffer – wie Nancy Reagan, João Havelange, Muhammad Ali oder Fidel Castro („better dead than red“), zuletzt Zsa Zsa Gabor. Ihren Nominierungen trotzten Jimmy Carter, Henry Kissinger, Billy Graham, Desmond Tutu. Kirk Douglas steht schon zum 14. Mal auf der Liste und ist stattdessen 100 geworden.

Man muss wohl Brite sein, um derart bängnisfrei Sterbebegleiter zu sein. Das tröstet uns normalsterbliche Festlandmenschen, erst recht, wenn man statistisch in das letzte Lebensdrittel eingebogen ist. Da betrifft die Zeit der Jahresbilanzen auch mehr und mehr die Frage, ob noch alle da sind, mit denen man das Jahr begonnen hat. Persönliche Antwort: ja. Anders als 2015 ist niemand aus dem näheren Freundeskreis gestorben. Aber es gab im Oktober einen ganz scheußlichen Samstag. Beim zufälligen Blick auf die Todesanzeigen der Lokalzeitung tauchten gleich drei Namen auf einen Streich auf: der Vater eines Schulfreundes meines Sohnes und jeweils ein Elternteil von Bekannten.

Im Prominentensektor sieht die Bilanz erheblich schlimmer aus. 2016 scheinen nur die Guten gegangen zu sein. Und man fragt sich, welche verachtenswerte Strategie das Sensenmannbusiness verfolgt? Keith Emerson und Greg Lake, geliebte Jugendstars – tot. Dann: Roger Willemsen. Rupert Neudeck. Ilse Aichinger (Thema meiner Abi-Deutscharbeit). Dann: Prince. David Bowie. Roger Cicero. Bei Leonard Cohen darf jeder Mann überlegen, wie viele Herzen ehemals Angebeteter jetzt wohl bitterlich weinen!

Wolfram Siebeck hat ausgekocht, Rudi Altig ausgeradelt und der große Ali ausgeboxt. Gibt es eigentlich noch genügend Schauspieler? Gene Wilder gone, auch Bud Spencer, Manfred Krug, Maja Maranow, Peter Lustig, Uwe Friedrichsen und Robert Vaughn.

Besonderer Schreck eines morgens, Eilmeldung: „Götz George tot“ – „Scheiße!“, hab ich passenderweise gerufen. Vor fünf Jahren traf ich George zum Interview am „Schimanski“-Set. Und ich hatte gedacht: So unfassbar vital, wie dieser 72-Jährige ist, der wird locker 100 oder 200. Und wenn er, wie beim ersten Duisburg-„Tatort“, noch mal rohe Eier essen muss, schlürft er sie notfalls mit Grandezza aus der Schnabeltasse. Die Frage fand er übrigens unverschämt und hat gleich röhrend gelacht.

Übrigens: Prinz Philip, altbewährter Kandidat auf der Deathlist, bleibt. Die Queen aber, sie taucht bei den Nominierten nie auf, eisern. Da hat auch der Britenhumor seine Grenzen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.