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Die WahrheitKleine Kiwis unterm Trump-Teppich

Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Ein Tabubruch erschüttert das Land der langen weißen Wolke. Maoris sind keine guten Eltern. Sagt einer, der es wissen sollte.

L eider ist es nichts Neues in Neuseeland, dass in diesem schönen Land der langen weißen Wolke viele kleine Kinder zu Tode kommen. Unsere „Hall of Shame“ wächst jedes Jahr. Diesen Monat war es der dreijährige Moko Rangitoheriri in Taupo. Über Wochen war er von einem jungen Paar, in dessen Obhut ihn seine Mutter gelassen hatte, gefoltert worden. Er musste Kot schlucken. Die genaue Todesursache konnte nicht mehr festgestellt werden. Der Junge hatte zu viele innere Verletzungen.

Autor Alan Duff schrieb vor über zwei Jahrzehnten den später verfilmten Roman „Once were Warriors“. Er kam zum Zeitpunkt von Mokos Tod gerade von einem langen Frankreich-Aufenthalt zurück. Duff ist selbst Maori, wie auch das Opfer und viele der misshandelten Kinder in Aotearoa. Seinem Volk fehle es an der Fähigkeit, gute Eltern zu sein – warum auch immer. Das festzustellen und zu benennen, sagt er, sei nicht rassistisch. „Es ist Fakt.“

Duff bricht noch ein Tabu. Der Schriftsteller hat an die „Maori leaders“, die mächtigen Stammesführer, appelliert, nicht länger über diese Tragik zu schweigen. Vor allem diejenigen, die in der Geschäftswelt zu Erfolg gekommen sind, hätten Verantwortung. Sie würden sich nur gegenseitig auf ihren traditionellen Versammlungen abfeiern. Duff fordert: „Keinen zeremoniellen Palaver mehr, keine lange Reden, kein wichtiges Umherspazieren-und-mit-dem-Redestock-Wedeln. Findet einfach Lösungen.“

Themawechsel, von Tragik zu Trump. Aber wir bleiben beim Kinde. Wie man Lösungen findet, um Dumme noch dümmer aussehen zu lassen, hat uns gerade eine Elektronikfirma aus Neuseeland vorgemacht. Der Onlineanbieter Powershop hat eine Reihe von Werbespots ins Netz gestellt. Darin sprechen Kinder mit blonden Perücken niedlich bis treudoof Sätze von Donald Trump nach.

Das hört sich dann so an: „Lasst mich euch sagen, ich bin ein sehr schlauer Kerl.“ – „Es gibt niemanden wie mich! Niemanden!“ – „Mein IQ ist einer der höchsten, das wisst ihr.“ – „Man kann nie zu gierig sein.“ – „Ich werde eine große, große Mauer bauen.“ – „Wenn Mexiko uns Leute schickt, sind das Leute mit Problemen.“ Besonders gehaltvoll aus Kindermund: „Vorsicht, du Lügner Ted, oder ich packe über deine Frau aus.“ Und schließlich ein Spross mit verschränkten Armen und ernstem Knirps-Blick in die Kamera: „Ich trage keinen Teppich!“

Die Parodie der Kiwi-Kids lässt die Diktatorsprüche des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten in ihrer ganzen Sinnfreiheit leuchten – um die Wette mit dem Blond der Teppichperücken. Das Motto von Powershop dahinter: Power – was auf Englisch sowohl Strom wie Macht bedeutet – sollte nur für Gutes benutzt werden.

Auf der Kommentarseite der englischen Tageszeitung Daily Mail, wo über den Werbespot berichtet wurde, fragte ein Leser erstaunt nach: „Wer ist der Premierminister von Neuseeland?“ – „Who cares?“, war die erste Antwort. Die nächste: „Weiß nicht. Vielleicht in ein paar Jahren Donald Trump.“

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1 Kommentar

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  • Traurige Nachrichten aus dem Land der langen weißen Wolke. Kinder zurückzulassen ist ein Instinkt, aus der Aussichtlosigkeit geboren. Diese zu Tode zu - moment, ich kann da nicht weiterreden.

    Warum sich irgendwer noch interessieren sollte für die Namen der Fuzzis, die eigensüchtig verloren diesem ausufernden Tollhaus vorzustehen vorgeben, wüßte ich nicht.

    Zur Wahl zwischen Clinton und Trump vermag ich nurmehr Bukowski zu zitieren: "Das ist wie die Wahl zwischen kalter und aufgewärmter Hundescheiße."