Die Wahrheit: Sie schrumpft doch!
Hartnäckig hält sich die Theorie, dass unsere Kontinente Produkte eines Schrumpfungsprozesses und nicht etwa driftende Schollen sind.
Vor 100 Jahren veröffentlichte der deutsche Meteorologe Alfred Wegener seine Kontinentalverschiebungstheorie, die besagt, dass wir alle auf Schollen leben, auf Bruchstücken eines Urkontinents, Pangäa genannt. Langsam, aber stetig wie driftende Kontinente wurde seine Theorie von der Wissenschaft akzeptiert und ersetzte die bis dahin vorherrschende Schrumpfungstheorie von „Schrumpelpapst Suess“ (F. Schätzing).
Der Geologe Eduard Suess hatte angenommen, die erkaltende Erde sei zusammengeschnurrt wie ein verschrumpelnder Apfel. Wegener widersprach: „Ein Planet, der gleichmäßig Hitze abgäbe, müsse auch gleichmäßig schrumpfen und würde zwar faltig, aber nicht schartig und buckelig.“ Die „Schrumpeljünger“ (Schätzing) liefen zu Wegener über und Suess sah seine Schrumpftheorie in sich zusammenschnurren.
Widerlegte Schrumpftheorie
Obwohl die Schrumpftheorie längst widerlegt ist, hält die Schrumpelpresse tapfer daran fest: „Japan schrumpft“ und allerorten „Schrumpfende Städte“ sieht der Tagesspiegel, und Spiegel online berichtet von der „Schrumpf-Wiesen“ in München. Auch in Wirtschafts- und Wissenschaftsteil triumphiert der Schrumpfglaube: „Das Vermögen schrumpft“, „Audi schrumpft in China“ fürchtet der Tagesspiegel, während Spiegel online meldet, dass das Vermögen der Geschwister Quandt um 4,5 Quandtilliarden geschrumpft sei. Laut Radio 1 lassen Pornos das Gehirn schrumpfen, und wenn Londoner Taxifahrer in den Ruhestand gehen, schrumpft ihr Gehirn ebenso. (Tagesspiegel).
Beeinflusst wurde die Schrumpfungstheorie sicherlich vom Zeichner und Dichter Wilhelm Busch, der über seine Figur Tobias Knopp berichtete: „Runzlich wird sein Lebensbild – Mütze, Pfeife, Rock und Hose schrumpfen ein und werden lose, so dass man bedenklich spricht: „Hör mal, Knopp gefällt mir nicht!“ Bange Frage: Driftet Knopp auseinander oder schrumpft er?
Preiswertes Vergnügen
Die schwarze Parze mit der Nasenwarze hatte ein Einsehen und schnitt Knopp – „schnapp!“ – das Lebensbändel ab. Der mittelamerikanische Indio begnügte sich nicht mit dem Lebensfaden und verarbeitete den Kopf seines Feindes zu einem „Jivaro“. Das ist ein Schrumpfkopf, der sich gut an abergläubische deutsche Autofahrer verkaufen ließ. Dieser Talisman baumelte in den sechziger Jahren als ebensolcher an vielen Innenspiegeln und sollte die Angst vor dem Tod auf der Autobahn schrumpfen. Preiswert war das Schrumpfvergnügen auch, frei Haus gegen Nachnahme für nur lausige 7,50 Mark!
In Panama war der Schrumpfkopfkauf deutlich teurer, für einen Schrumpfkopf in Apfelsinengröße musste man zur damaligen Zeit 50 Dollar auf den Tisch legen. Die Lieferanten waren dort die San-Blas-Indianer, die die Köpfe nach einem geheimen Familienrezept einschrumpften. Wo sie die Köpfe herhatten, hielten die geschäftstüchtigen Indios ebenfalls geheim. Kein Wunder, wenn der Tagesspiegel meldet „Die Mittelschicht schrumpft“. Und was passiert eigentlich in Brüssel?
„Am Gebäude der EU spielt ein Kind, es schrumpft und zerrinnt“, beobachtet das Schrumpfmedium Tagesspiegel. Ein schönes Bild in zerrinnender Zeit. Und ein Beleg dafür, dass das Gehirn schrumpft. Oder driften die Gehirnteile des modernen Menschen auseinander wie haltlose Kontinente? Zuzutrauen wäre es ihnen.
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