Die Wahrheit: Neues aus Neuseeland: Die böse Presse und das Leopardenmuster
Vorige Woche wurden die Qantas Media Awards vergeben, und alle Jahre wieder feierten meine Kiwi-Kollegen sich selbst.
Da es bei der Preisverleihung etliche Kategorien gibt, aber nur einen kleinen Pool an Reportern im Lande, kommt eigentlich jeder Journalist irgendwann in den Genuss, etwas abzustauben. Das sei den Damen und Herren gegönnt, auch wenn in all dem Jubel so mancher Missstand auf Papier und Bildschirm übersehen wird. Aber dafür gibt es ja gottseidank kritische Leser und Zuschauer, hüben wie drüben. Die wissen, wo sie sich beschweren können: Beim Presserat und bei der Rundfunkbehörde. Letztere hat sich gerade mit 162 Beschwerden herumschlagen müssen. Die meisten wurden aus gutem Grund abgelehnt, aber das muss jedes Mal begründet werden. Nur ein Wort vorab: Leopardenmuster.
Fangen wir mit dem größten Schocker an. Den mussten die treuen Fans von "Birdland" verdauen, einer Reportagereihe über Neuseelands einheimische Vogelwelt. Moderator Jeremy Wells, der einst aus der Premiere von "Der Herr der Ringe" geflogen war, weil er amerikanische Schauspieler nach ihrer Vorliebe für "New Zealand pussy" gefragt hatte, rückte diesmal mit zwei zahmen Mäusen auf einer Weka-Zuchtfarm an. Das Weka ist ein Buschhuhn. Es freute sich sehr, als Wells ihm die Mäuse lachend zum Fraße hinwarf. Minuten zuvor hatte er die Tierchen noch gestreichelt und gehätschelt. Die Zuschauer freute es weniger. Drei Menschen waren erschüttert ob der zur Schau gestellten Herzlosigkeit und trieben die Beschwerde voran - mit Erfolg. Der Rundfunkrat gab ihnen recht: Um sieben Uhr abends, wenn Kinder zuschauen, haben solche Grausamkeiten nichts in den Wohnzimmern zu suchen.
Schlecht schnitten auch die Abendnachrichten "One News" bei einem Zuschauer ab, der sich beschwerte, dass eine Temperaturangabe "weit unter null" irreführend sei. Man wisse schließlich nicht, ob es sich um Celsius, Fahrenheit oder gar Kelvin handele. Ein weiterer Aufreger, diesmal in der Presse, war ein vergessenes Apostroph - und zwar das aus Hawkes Bay. Eine Zeitung schrieb despektierlich "Hawkes Bay", weil das landesweit so üblich ist, aber der Beschwerdeführer holte sich die Rückendeckung eines geografischen Ausschusses ein. Bei der Meckerstelle lief er damit jedoch auf.
Auch der Mann der peruanisch-neuseeländischen Modedesignerin Viviana Pannell beschäftigte den Presserat. Pannells Klamotten der Marke Basquesse, die sie bei den Modewochen in Auckland auf dem Laufsteg vorführte, waren in einer Kolumne böse verrissen worden. "Denver Clan trifft Eurotrash", lautete eine der weniger netten Umschreibungen. Dass man so was einfach schreiben darf! Der gekränkte Designergatte wollte überdies den schändlichen Ausdruck "Leopardenmuster" nicht schwarz auf weiß gedruckt hinnehmen, wo es sich doch bei den Fummeln seiner Frau ganz allgemein um "Tiermuster" gehandelt habe. Doch er blitzte beim Presserat ab. Damit bleibt mein Glauben an die vierte Gewalt auch in diesem Staate intakt.
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