Die Wahrheit: Blutwurst in der Sauna
Diesmal wollte der Jackie an Silvester vorsichtig sein, nachdem er letztes Jahr drei Stunden lang bei minus fünf Grad im vierten Stock auf einem Baugerüst gesessen ist, ...
... weil jemand die Leiter geklaut hat, und nicht rauchen hat können, weil er beim Anzünden eines Kanonenschlags aus Versehen das Feuerzeug weggeschmissen und den Irrtum erst bemerkt hat, wie ihm der Böller ins Gesicht explodiert ist und er nichts mehr gesehen hat. Wie dann der Hubsi versucht hat, ihm ein Bier hinaufzuschmeißen, ist die Flasche hinter ihm in ein Fenster geflogen, wo zum Glück keiner daheim war. Da hat er endlich fliehen können, sich dabei aber an der kaputten Fensterscheibe beide Arme aufgeschnitten und den Rest der Nacht in der Notaufnahme inmitten von volltrunkenen Sprengopfern verbracht.
Wie der Hubsi von der Riesensause in der Villa vom Ferrari-Schorsch seiner neuen Verlobten erzählt hat, hat er deswegen erst mal nachgefragt, wo das ist und was da für Leute hingehen. Der Hubsi hat gesagt, die Verlobte sei Chefin von so einem Begleitservice und lade ihre ganzen Angestellten ein. Ein Haufen von deren Kunden komme bestimmt auch, zum Beispiel der Oliver Kahn und dieser eine Moderator vom ZDF und wahrscheinlich sogar der Becker und der Wepper, und da hat der Jackie gesagt, dass er ausnahmsweise mitgeht.
Also sind sie zum Vorbrennen zum Renato und haben sich eine Red-Bull-Wodka-Maß bestellt. Der Hubsi hat erzählt, dass es in der Villa sogar eine Sauna gebe, und nach der zweiten Maß sind sie losgefahren. In der Villa sind alle möglichen Leute rumgerannt, die der Jackie nicht gekannt hat, also hat er sich einen Caipi geholt und geschaut, was so geht, und der Hubsi hat gefragt, wo die Sauna ist, und ist verschwunden. Der Jackie hat derweil einen komischen Kauz kennengelernt, der ihm erzählt hat, dass er unbedingt jetzt in Aktien investieren müsse, dann hat ihm ein anderer erzählt, dass Zahnkronen in Ungarn billiger seien, und ein Dritter, dass irgend so ein Tänzer total überschätzt sei, ein Vierter, dass er zur Potenzsteigerung Chakrameditation mit den Hüftmuskeln praktiziere, und ein Fünfter, dass er im letzten Leben wohl ein Elch gewesen sei, und wie der Jackie nach dem sechsten Caipi endgültig nichts mehr von dem Schmarrn hören wollte, hat er den Chakrentypen nach der Sauna gefragt, woraufhin der komisch gelächelt und ihn nach oben geschickt hat.
Auf der Treppe ist der Jackie ausgerutscht, über eine Türschwelle gestolpert und in den Whirlpool gefallen. Von dem Krach ist drinnen in der Sauna der Hubsi aufgewacht, der ausgeschaut hat wie eine gekochte Blutwurst und gestöhnt hat, dass er nicht mehr kann und sich in dem Zustand nicht sehen lassen wolle, zumal er seine Klamotten aus Versehen auf die heißen Steine gelegt und verbrannt habe. Zum Glück ist vor dem Haus ein Baugerüst gestanden. Wie der Jackie und der Hubsi in Badetücher gehüllt über den Balkon auf das Gerüst geklettert waren und hinter ihnen die Balkontür zugefallen ist, haben sie gesehen, dass die Tür außen keine Klinke hat.
Dummerweise sind gleichzeitig unten ein Bus und eine Flotte von Taxis angekommen und Dutzende Typen ausgestiegen, haben sich umarmt und gelacht und plötzlich alle auf den Jackie und den Hubsi gezeigt und noch lauter gelacht. Der Jackie hat gebrüllt, sie könnten ihn alle am Arsch lecken, hat aus seiner nassen Hose einen zum Glück nur leicht feuchten Kanonenschlag gezogen, ihn angezündet und aus Versehen das Feuerzeug und die Hose hinuntergeschmissen, was er erst bemerkt hat, wie ihm der Kanonenschlag ins Gesicht explodiert ist und er nichts mehr gesehen hat. Derweil hat der Hubsi gejault, ihm sei so kalt, dass er wahrscheinlich sterben müsse, also sind sie am Gerüst hinuntergeklettert und mitten durch die grölende Meute zum Auto und haben die Heizung aufgerissen, und die Typen haben einen Riesenzinnober veranstaltet, bis sie endlich im Haus verschwunden sind.
Wie der Jackie wieder was gesehen hat, hat er sich gewundert, wieso da nur Typen waren und er auch im Haus überhaupt keine Hasen gesehen hat. Da hat er den Schriftzug auf dem Bus vom Begleitservice genauer angeschaut, und da ist ihm ein Licht aufgegangen, und weil in dem Moment der Ferrari-Schorsch eingetroffen ist und gestrahlt und wie ein Wahnsinniger gehupt hat, haben der Jackie und der Hubsi so lachen müssen, dass sie daheim noch gelacht haben.
Am 2. Januar hat der Jackie den Ferrari-Schorsch beim Renato getroffen und gefragt, wie es seiner Verlobten mit ihrer schwulen Pimpervermittlung geht. Der Ferrari-Schorsch hat gesagt, dass er schon lange nicht mehr verlobt und genau genommen überhaupt noch nie so richtig verlobt gewesen sei und dass ihm der Jackie mal kreuzweise im Mondschein begegnen könne mit seinem Schmarrn.
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