Die Wahrheit: Krass rohe Verkaufe
Der Musikindustrie geht es gar nicht gut. Da hilft nur noch eins: Planierraupenpromo vom Feinsten.
Verehrte Anspruchskrachmaten, hier kommt eine brandneue fiese Abrissbirne aus dem Hause Nuclear Doomsday.
Das Label beweist mal wieder seinen Riecher für Acts, die zwar anständig Popo treten, aber verdammt viel Feeling mit ihrer Musik transportieren. Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass wir euch die Detroiter Band nicht mehr großartig vorstellen müssen. Mit dem Begriff Legende soll man ja vorsichtig hantieren, aber diese Band aus L.A. ist so was von legendär, dass das noch tiefgestapelt ist.
Die Kerle gehören zu den Millionensellern unter den hart rockenden Acts. Sie stehen für brachialen Schwermetall mit technischem Anspruch, chirurgisch präzise, die Seele verbrennend, aber ohne dummes Frickel-Gepose.
Fans von Origin, Nile, Morbid Angel und Beneath The Massacre schnalzen begeistert mit der Zunge. Alle anderen sollten ihre Kinnladen festhalten! Bühne frei! Die Herrschaften legen einen garstigen Wutklumpen vor, sicker Midtempo-Thrash, massive Groove-Monster und abartig fiese Beatdowns werden mit purem Hass garniert. No fillers, just killers. Dazu kommt eine Produktion, die ohne Ende drückt und mit der Tonnenschwere einer Planierraupe über dich hinwegwalzt.
Sie hatten schon immer ein düsteres Element in ihrem Sound, und das ist auch heutzutage nicht anders. Und genau das macht sie so wertvoll. Die wahnwitzigen Stücke, die die Stockholmer Band im berühmten „Blitzkrieg Studio“ gemeinsam mit dem renommierten Produzenten Lasse Boggsteen in Lillebror, Schweden, eingetrümmert hat, werden sie an die Front des internationalen Musikmarktes zurückführen und diverse Live-Attacken nach sich ziehen.
Die Wurzeln der Kapelle lassen sich bis 1977 zurückverfolgen. Die Herrschaften gehörten zur Speerspitze der New Wave Of British Heavy Metal, in einer Reihe mit Iron Maiden, Saxon, den Tygers Of Pan Tang, Samson, Praying Mantis. Die Liste ist endlos, endlos toll. Mit diesem Album untermauern die Könige der Brutalität ihren Kultstatus innerhalb der klassischen Metalszene weltweit.
Es stellt den Nachfolger zum allerorts sehr gut aufgenommenen letzten Album dar, das überall als die beste Scheibe der Bandkarriere angesehen wird. Sowohl Presse als auch Fans überschlugen sich mit Lob. Jetzt sind sie zurück! Necks will be broken!
Sie haben sich weiterentwickelt, gehen aber auch einen Schritt zurück zu den Wurzeln. Ihre über die Jahre gewachsenen technischen Fähigkeiten verschmelzen mit der rohen Brutalität ihrer ersten Alben. Sie hängen in einer Zeitschleife fest, und das ist auch gut so.
Auf ihrem neuen Longplayer brillieren sie melodisch, aber ohne Weichspüleffekt, mit viel Herzblut, wunderbaren Leads und über allem thront ein „1979 revisited“ in riesigen Lettern. Die Londoner verbreiten eine Frische, die alten und neuen Fans Freudentränen in die Augen treiben wird und 99 Prozent der Nachwuchsbands grün vor Neid werden lässt.
Sie ignorieren sämtliche Zeitgeistströmungen. Außer einer, und die fällt ihnen direkt in den Schoß: die Rückkehr zu den Roots des harten Rocks. Und so schließt sich der Kreis. Ihr Album wird Fans von Pink Floyd, Rush, Cannibal Corpse, Judas Priest, Iron Maiden, Motörhead, Kiss, Turbonegro und Saxon begeistern, aber auch jene, denen diese Bands nichts sagen, sollten ihnen ein aufmerksames Ohr schenken. Sie orientieren sich schlicht und einfach an den Besten der Besten der Branche. Dass sie dadurch die Erwartungen an die eigene Musik massiv nach oben schrauben, darf ihnen absolut egal sein.
„Und Yggdrasil erzitterte“, gibt der Osloer Vierer zu Protokoll. „Und in den drei Jahren der Dunkelheit und Kälte, genannt Fimbulwinter, nahm Mutter Natur zurück, was rechtmäßig ihrs. Und das Leben, so wie wir es kannten, war nicht mehr dasselbe. Es war Ragnarök, Befreier und Tod …“ Das klingt schon mal sehr lecker. Die vier Niedersachsen betreiben jedoch keine plumpe Meinungsmache – vielmehr beschäftigen sie sich tiefgreifend und philosophisch mit Rebellion, Verderben und Wikingern.
Das Masterpiece dieser Schnellmetalllegende erscheint auf CD, Vinyl und digital. Vinyl-Fans sollten sich merken, dass es drei verschiedene LP-Versionen der Scheibe geben wird: schwarz mit roten Blutspritzern, rot mit schwarzen Einstichlöchern und das standardmäßige Schwarz. Die Welt schlottert vor Furcht, wenn dieser Metalkoloss entbunden wird – Sayonara!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion