Die Wahrheit: Der Zeit ein Schnippchen schlagen
Ob wir auf dem Heider Frühjahrsmarkt in diese Zeitmaschine einsteigen wollten oder auf dem in Bremervörde oder in Stadthagen, daran entsinne ich mich kaum.
O b wir auf dem Heider Frühjahrsmarkt in diese Zeitmaschine einsteigen wollten oder auf dem in Bremervörde oder in Stadthagen, daran entsinne ich mich kaum. Mag auch auf der Osterkirmes in Düsseldorf gewesen sein, da hapert es echt an geografischen Gedächtnisspuren.
Hingegen weiß ich präzise, dass wir überhaupt nicht eingestiegen sind, sondern ausgiebig der Lautsprecherstimme lauschten, die dafür warb, ein Billet für den Time Visitor zu lösen.
„Willkommen, mitmachen und dabei sein … modernste Elektronik aus Amerika … Simulation der außergewöhnlichen Art … der perfekte Illusionsspaß hier bei uns, erzeugt durch realistische Bewegungen … da kommt Freude auf … um eine fantastische Welt zu erwecken und natürlich und hautnah erleben zu lassen … für Leute, die das Besondere lieben … der Time Visitor und seine vollendeten Täuschungen und Imitationen … ein meisterhaftes Trugbild dank neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse …
Ein irres Gefühl erwartet Sie, denn hier ist sie, die vollkommene Illusion durch realistische Tricks, ein Nervenkitzel … lassen Sie sich mehrere Minuten lang entführen … Träume werden zur Wirklichkeit … Sie werden in der bestmöglichen Welt spannungsvoll unterhalten … die absolute Action …“
Ein genialer Plan
Statt direkt hineinzuklettern in den Time Visitor, schmiedeten Dirk und ich einen genialen Plan, um dem Entschwinden der kalendarischen Zeit ein Schnippchen zu schlagen. Wir würden ein Bröckchen Vergangenheit aufheben, sehr trivial in der dreifachen Bedeutung Hegel’scher Dialektik: aufheben im Sinne von etwas beseitigen; etwas in die Höhe stemmen und last not least etwas bewahren.
Der unvermeidlichen Rückblende ist zu entnehmen: Als Steppkes um die 10 waren wir über den Zaun kletternd illegal in das Stadion eingedrungen, wo das DFB-Pokalendspiel zwischen den Offenbacher Kickers und dem 1. FC Köln just zwei Minuten später angepfiffen wurde. Irgendwie gratis hineinzugelangen, stellte sich beileibe nicht als Problem dar. Overath, Manglitz, Flohe, Biskup und Co. verloren übrigens.
Champions League für Umme
Jene Aktion werden wir also aufheben. Wir fahren übernächste Woche nach München, um dem Endspiel der Champions League beizuwohnen, ohne einen Cent dafür zu bezahlen, ohne Karte, ohne Bestechung, versteht sich. Allerdings hat sich bis zu uns herumgesprochen, dass die Epoche der Digitalisierung zugleich als eine Epoche der zunehmenden Überwachung und Kontrolle zu verstehen ist.
Umso akribischer werden Dirk und ich das heroische Vorhaben präparieren. Weder genügt hier der Platz noch wäre es empfehlenswert, die Einzelheiten unseres Projekts zu schildern.
So viel sei verraten: Konzeptionell haben wir uns von einem Gangsterfilm inspirieren lassen. Der heißt „Rififi“ oder „Topkapi“. Hotels ausgebucht? Wir übernachten ohnehin unter einer Isarbrücke, nicht weit von der Stelle, wo der zur Redewendung geronnene Satz eines bayrischen Universalgenies Premiere feierte: Du hast keine Chance, aber nutze sie.
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