piwik no script img

Die WahrheitBeppo aus Allepo

Bundeswehreinsatz: Syrischer Esel lebt jetzt in Bielefeld.

Langfristig kann Beppo nicht in Deutschland bleiben, das erlaubt das deutsche Asylrecht nicht. Bild: reuters

Es ist eine Geschichte, fast wie aus einem Märchenbuch. Mit viel Geschick und ein wenig Waffeneinsatz konnte ein deutsches Sondereinsatzkommando vorgestern den berühmten syrischen Wüstenstadt-Esel Beppo den Klauen des Bürgerkriegs entreißen und sicher von Aleppo nach Bielefeld bringen. Beppo aus Aleppo ist der letzte männliche Esel seiner Art.

Schon wenige Stunden nach seinem unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen erfolgtem Eintreffen in Deutschland traten die Beteiligten in einer eilig anberaumten Pressekonferenz vor die Journalisten. „Wir sind froh, dass es so schnell und reibungslos ablief“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert im Namen der Kanzlerin. „Dieser Einsatz war für alle eine gigantische Nervenprobe mit Happy End. Jetzt ist Beppo erst mal sicher.“

In den kommenden Wochen wird sich unter strengsten Auflagen und unter der Aufsicht der eigens gegründeten Nationalen Behörde für temporäre Tiermigration, kurz NBTT, Tierpflegerin Conny Busch um Beppo kümmern. „Eine tolle Herausforderung“, betont die ansonsten zurückhaltende Busch.

Unter ihrer Obhut soll sich Beppo mit seinem weiblichen Pendant, der Wüstenstadt-Eselin Gisela, anfreunden und am besten so schnell wie möglich paaren. Auch Gisela hat erst seit wenigen Tagen deutschen Boden unter den Hufen. Nach zähen Verhandlungen seitens der deutschen und syrischen Regierung konnte die zuvor im Privatzoo des noch amtierenden syrischen Präsidenten Assad heimische Eselin gegen ein paar Sachgeschenke eingetauscht werden.

Welche Sachgeschenke man Assad geliefert hat, will Seibert nicht verraten. „Nur so viel: Es handelt sich um deutsche Produkte, die weltweit sehr beliebt sind, wenn sie verstehen, was ich meine.“ Das Deutschland damit einmal mehr in einen moralischen Konflikt geraten könnte, glaubt von den Beteiligten indes niemand.

„Immerhin geht es um den Fortbestand einer Rasse. Die Esel steckten in einer tragischen Situation. Beide lebten im selben Land und waren zugleich Welten voneinander entfernt. Eine Paarung unter diesen Umständen war unmöglich“, betont Seibert und verteidigt damit auch den enormen logistischen und finanziellen – Experten sprechen von mehreren Millionen Euro – Aufwand, der zur Rettung der beiden Esel gestemmt wurde. „Außerdem ist das Staatssäckel derzeit doch ganz gefüllt“, so Seibert.

Zugleich ist die „Operation Eselsohr“, wie sie im militärischen Fachjargon genannt wird, ein Beweis für die trotz wiederholter Budgetkürzungen noch immer vorhandene Schlagkraft der deutschen Bundeswehr und im Speziellen ihrer Einsatzkommandos, ließ der Thomas de Maizière verlauten. „Da wir nicht in den Krieg eingreifen dürfen und offizielle Kampfhandlungen strengstens untersagt sind, haben wir uns eben auf diese Art und Weise eingebracht“, erklärte der deutsche Verteidigungsminister nach dem Coup bei einem Sektempfang. „Auch um allen syrischen Kriegsparteien zu zeigen: Kollegen, wir haben es immer noch drauf. Und wir haben ein Auge auf euch!“

Während ringsherum gefeiert wird, scheint Beppo noch nicht richtig in seiner vorübergehenden neuen Heimat angekommen zu sein. Müde und unbeteiligt kaut er auf einem Büschel Stroh herum und ignoriert den Trubel um seinen Person. „Der Kleine ist ein wenig traumatisiert“, erklärt Conny Busch besorgt und streichelt Beppo zärtlich übers Fell. „So etwas wirkt sich negativ auf die Libido aus.“

Zunächst ist das nicht weiter besorgniserregend, denn Beppo hat noch ein wenig Zeit, anzukommen und lustvoll zu werden. Von Eselin Gisela bekommen weder er noch die Presse in den ersten Tagen etwas zu sehen. „Das Risiko für einen Anschlag ist einfach zu groß“, erklärt Busch und zeigt auf die überall präsenten Bundeswehrsoldaten. Ein Dutzend von ihnen sichert den Tierpark mit schweren Waffen. „Immerhin ist es ein Esel von Assad und der hat ja momentan nicht so viele Freunde.“ Vermutlich werden sich die beiden sogar hinter verschlossenen Türen paaren müssen.

Langfristig können beide nicht in Deutschland bleiben. „Das erlaubt das deutsche Asylrecht nicht“, erklärt die besorgte Busch zuletzt. „Wenn sich die beiden eingelebt und Nachwuchs gezeugt haben, wenn Syrien wieder einigermaßen befriedet ist, dann müssen sie zurück.“

Doch das ist alles Zukunftsmusik. Spätestens im Laufe der nächsten Woche soll es zwischen den beiden Eseln knistern, sollen sie sich näher kommen. Auch symbolisch und als Zeichen für die Welt, hofft Tierpflegerin Busch. „Wenn der Beppo die Gisela besteigt, sagt er allen da draußen, die Krieg führen: ’Make love, not war!‘“, ist sie sich sicher. Und dann wäre es tatsächlich eine Geschichte wie aus einem Märchenbuch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!