Die Wahrheit: Der Zustand des Erbes
Zwei uniformierte Polizisten standen vor der Tür. Ich erschrak, da ich Schlimmes fürchtete, und rief unwillkürlich aus: „Um Gottes willen!“
Zwei uniformierte Polizisten standen vor der Tür. Ich erschrak, da ich Schlimmes fürchtete, und rief unwillkürlich aus: „Um Gottes willen!“ – „Keine Angst, es ist nichts passiert“, beruhigten sie mich. Wie sie sodann darlegten, kamen sie in einer Erbschaftsangelegenheit.
Einer der beiden schrieb eine Telefonnummer auf ein Blatt und reichte es mir. „Rufen Sie da mal an“, sagte er, „vielleicht springt was für Sie raus.“ Zweifellos war das eine liebenswürdige Geste, und ich bedankte mich. Wir verabschiedeten uns voneinander, und bald war von den Polizisten nichts mehr zu sehen.
Unter der Rufnummer, die ich wenig später wählte, meldete sich eine Frau mit einem verheerenden Schnupfen. Sie war kaum in der Lage zu sprechen, und was sie sagte, war fast nicht zu verstehen. Trotzdem glaubte ich herauszuhören, dass irgendwo eine mir unbekannte Person gestorben war, die mir testamentarisch eine Fabrik vermacht hatte. Ich war neugierig genug, mir die Adresse zu notieren und hinzufahren. Was ich dort zu sehen bekam, war jedoch erschütternd.
Von dem Betrieb, in dessen Planungsbüro einst die Katze erfunden worden war, wie ich auf einer Informationstafel las, hatten die Abnutzungskräfte der Natur nur eine Ruine übrig gelassen. Ich wollte mich sofort auf den Heimweg machen und das Erbe ausschlagen. Als ich mich schon umdrehen und zu meinem Fahrzeug gehen wollte, öffnete sich plötzlich die ramponierte Eingangstür. Vor Schreck blieb ich wie erstarrt stehen.
Meine Neugier siegte über meine Angst
„Möchten Sie hereinkommen und sich setzen?“, fragte mit sanfter Stimme ein ganz und gar harmlos aussehender älterer Herr in leicht schäbiger Kleidung. Der Eindruck, den er erweckte, beruhigte mich etwas, trotzdem war mir die Situation alles andere als geheuer. „Nein, ich muss jetzt gehen“, gab ich so selbstsicher wie möglich zurück. „Es hat eigentlich auch keinen Sinn, hereinzukommen“, ließ sich der Mann wieder unvermindert sanft hören und fuhr dann ebenso fort: „Kommen Sie bitte, ich möchte Ihnen etwas zeigen.“
Was sollte ich jetzt tun? Wegrennen oder mitgehen? Ich zögerte. Der freundliche ältere Herr sprach indessen weiter: „Es steht in direktem Zusammenhang mit dem Zustand dieser Fabrik. Sie werden dann vieles besser verstehen.“
Meine Neugier siegte über meine Angst, und ich folgte ihm langsam in das Gebäude, aus dem er gekommen war. Um nicht allzu willfährig zu erscheinen, erkundigte ich mich: „Darf ich fragen, wer Sie sind?“ Der wunderliche Mensch sah mich erstaunt an und antwortete in einem Tonfall, der erkennen ließ, wie unqualifiziert er meine Frage fand: „Der Prokurist der Firma!“
Das Innere der Fabrik entsprach dem Äußeren, doch das Büro, das wir dann betraten, wies einen deutlich niedrigeren Grad des Verfalls auf. Gleichwohl schien es ausgeschlossen, dass hier noch gearbeitet wurde. Ich war gespannt, was der angebliche Prokurist mir zeigen wollte. „Es wäre lebensgefährlich zu bleiben“, erklärte der Prokurist. Mit dem Gefühl, dass er wahrscheinlich nicht übertrieb, verließ ich ihn wortlos.
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