Die Wahrheit: Byzanz an der Donau
Bling, Bling: Tebartz der Prächtige zieht nach Regensburg. Die Stadt erstrahlt – mit drei Teilchenbeschleunigern und zwei Delfinarien.
Als vor wenigen Tagen bekannt wurde, wo es den crazy Limburger Bischof mit der Gucci-Badewanne als nächstes hin verschlagen würde, fand sich ganz Regensburg in einem Freudentaumel: Frauen klapperten erregt mit ihrem Familienschmuck, Passanten fingen an, sich bekreuzigend zu grüßen, Autos bildeten einen Korso auf den Straßen, feierlich ruhig, ohne zu hupen; nicht mit Deutschlandfähnchen, sondern mit dem Wappen der Diözese geschmückt. Ein ganz gepflegter Autokorso also. Gentlemanstyle.
Ein neues Gesicht ist in der Stadt. Und mit diesem Gesicht beweist die Diözese Regensburg Humor. Mit Franz-Peter Dietrich Irmofine Apple Heathrow Airport Tebartz-van Elst hat Regensburg – nach dem zurückgesteppten Papst, Topmodel Barbara Gedönskirchen und der zweiten DSDS-Gewinnerin, dieser einen äh Dings … Egal: endlich wieder einen Star!
Aber was ist eigentlich ein Star? Manche Leute – gerade die Bewohner des Regensburger Umlands – wissen tatsächlich nicht, was das ist. Sie kennen Stars nur als das, was die Großeltern im Auge haben, wenn sie älter werden. In der großen weiten Welt hingegen, dort wo nicht alle Menschen Geschwister sind, unterscheidet sich ein Star in fünf wesentlichen Punkten von jemandem, dessen Name ihr nach dem Tod vergessen werdet.
1. Er sieht crazy aus.
2. Er hat einen crazy Namen.
3. Er macht die ganze Zeit crazy Dancemoves. (Andere machen sie mit ihrem Körper, Teby Elst mit seinem Gesicht.)
4. Er hat crazy Sex. (Und „kein Sex“ ist wohl die abgefahrenste Stellung von allen.)
5. Alles an ihm ist Gucci.
Wer dazu noch Fragen hat, lausche den Worten Moneyboys: „Ich seh aus wie ein gottverdammter Papagei. Die Leute denken, sie hätten einen gottverdammten Regenbogen gesehen. Alles an mir ist fruit.“
Dieses Stardome wird Franz-Peter Rantanplan Chingachgook Snoop D-O-Double-Shizzle Tebartz-van Elst in Zukunft in der Domstadt spreaden. Bei einer ersten Wohnungsbesichtigung soll er sich übrigens mit dem Stadtplaner getroffen haben. Augenzeugen berichten wie er auf die historische Altstadtbrücke gezeigt haben soll mit den Worten: „Das muss hier alles weg. Und dann bauen wir es in Gold wieder hin.“
Seitdem wird das Wahrzeichen der Stadt mit geradezu vorbildlicher Emsigkeit restauriert. Allein in den letzten zwei Wochen wurden im Großraum Regensburgs der Bau von drei Teilchenbeschleunigern und zwei Delfinarien geplant. Man munkelt sogar, dass der Berliner Flughafen Stein für Stein abtransportiert, in Regensburg aufgebaut, wieder abtransportiert und in Berlin wiederaufgebaut werden soll. „Einfach nur, damit er teurer wird“, sagt Tebartz-van Elst mit einem verschmitzten Siegerlächeln.
Auch vor dem immerwährenden Reichstag, dem ehemaligen Zentrum europäischer Politik, soll Tebartz-van Elst von Anwohnern gesichtet worden sein, als er nachts, vom unmäßigen Champagnerkonsum befeuert, „Mehr Gucci!“ krächzte. Danach hätte er mit einem vergoldeten Türknauf (von denen er übrigens immer mindestens einen mit sich trägt) einen Kaviar-to-go bezahlt und diesen, leise „Mein Schatz.“ flüsternd, am Bismarckplatz bis zum Morgengrauen gestreichelt. Aber all dies kann nur ein Vorgeschmack sein auf die crazy Zeit, die uns mit dem „Gold-Krisperl“ (wie seine Untertanen ihn ehrfürchtig nennen) noch bevorstehen wird. Für die Regensburger, die Bürger der alten Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, beginnt ein neues Kapitel. Jeder kann der Nächste sein, wenn „die Elster“ in den Laden tänzelt und sagt: „Ich kaufe alles.“ In den Worten eines ehemaligen türkischen Fußballnationaltrainers: „Für diesen Moment haben uns unsere Mütter geboren!“ Jetzt ist Wachsamkeit geboten.
Jedenfalls wissen die Regensburger nun, wo sie klingeln können, wenn sie herzhaft über ein Gesicht lachen wollen. Und wenn er grad nicht da ist, reicht es ja immer noch „Blobfisch“ zu googeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“