Die Vorschau: Holzfällerhemdenrock
■ Morgen spielt Springsteen imWeserstadion
Angenommen Sie hätten so richtig schweineviel Kohle. Würden Sie dann noch karierte Holzfällerhemden tragen? So richtig versiffte Hemden, die übersät sind von Fusselteppichen infolge von abertausenden Waschmaschinendurchläufen? Und das, obwohl man diese karierten Holzfällerhemden nach altem Brauch bis weit über die übliche Stinkgrenze hinaus (also mindestens acht Wochen) ungewaschen trägt? Na klar, Sie würden. Und genau dies ist der wahre Grund für Bruce Springsteens 25 Jahre währenden Erfolg.
Zumal Springsteen in Interviews gerne Dinge passend zum Hemd sagt, also Sätze, die vor Erfolgsgeilheit warnen. Vielleicht lieben ihn die Menschen aber auch, weil er mit just derselben Energie singt, mit der ihrereins Gewichte im Fitneßstudio stemmt. Bruce ist wie Sie. Diese Hemden und diese Zähigkeit ließen selbst weibliche Fans den Schock überwinden: Damals, bei der Entdeckung, daß ihr muskulöser Marlboro-World-Held an Kleinwuchs leidet, der höchstens das Besteigen von Ponys erlaubt. Definitiv nicht zu bewältigen ist hingegen ein ganz anderer Schock. Nämlich jener, der einem ereilt, wenn man feststellen muß, daß die genialen Lieder „I'm on fire“ und „Cover me“ schon 15 Jahre alt sind. War das nicht erst neulich?
In Bremen beendet Springsteen seine erste Tour seit vielen Jahren. Und Ehefrau Patti Scialfa und Nils Lofgren, der sympathische Gitarrist aus frühen E-Street-Band-Tagen, ist auch dabei. Den dusseligen Patriotismus von „Born in the USA“ verträgt man übrigens ganz gut, wenn man statt born ein heiteres „torn“ mitgröhlt: zerrissen und zerfetzt in der USA, passend zu Clinton, zum Krieg, zur Massenverelendung, ganz wie man will, so echt frei, holzfällerhemdmäßig. bk
17. Juni im Weserstadion, Karten: unter 0180-55 700 und bei CTS-Verkaufsstellen (% 35 36 37). Einlaß 16 Uhr, Konzerbeginn etwa 19 Uhr
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