Die Vorschau: „Du hast eigentlich keine Möglichkeit, also nutzt du sie!“
■ Fred Reinhold ist Lagerverwalter und Sänger. Er hat viele türkische FreundInnen. Nach den Erdbeben wollte er unbedingt helfen. Deshalb hat er jetzt ein Benefiz-Rockfestival namens Nordrock auf die Beine gestellt. Da singen außer ihm noch Mutlu und andere
Als Fred Reinhold im September die Fernsehbilder vom verheerenden Erdbeben in der Türkei sah, wollte der 34-jährige Lagerverwalter der Stahlwerke Bremen nicht mit einem resignierten Schulterzucken zur Tagesordnung übergehen. Viele seiner Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen kommen aus der Türkei. Nicht nur deshalb fühlte er mit den Opfern: „Ich habe selber drei Kinder zwischen sechs und zwölf, und wenn man sieht, wie besonders Kinder unter solchen Katastrophen leiden ... sowas kann einen doch nicht kalt lassen. Naja, und da dachte ich mir: Viele haben die Möglichkeit zu helfen und machen nix, du hast eigentlich keine, aber die nutzt du jetzt eben.“
Ohne Erfahrung in der Organisation von Kulturveranstaltungen machte sich der gelernte Binnenschiffer nach Feierabend daran, ein Benefizkonzert zugunsten der Erdbebenopfer auf die Beine zu stellen. Als Sänger der Bremer Rockband „Mandala“ nutzte er seinen Draht zu befreundeten Musikern, und alle waren sofort bereit, ohne Gage beim „Nordrock Band Aid“ aufzutreten: Neben „Mandala“ werden am kommenden Freitag die lokalen Gruppen „Tryxxter“, „Missing Link“, „Mutlu“, „Ann Sucks“, „Gawd“ und „Verstärker“ auf der Bühne des Bremer Schlachthofs stehen. Aus Oldenburg reist „Sgt. Pinback's 20th Bomb Circus“, aus Göttingen „Herzer“ an. Special Guest ist der türkische Sänger Medih Cola.
Auch das Kulturzentrum Schlachthof zieht mit und stellt für den Abend die Kesselhalle gratis zur Verfügung. „Terz TV“ überträgt die gesamte Veranstaltung live von 18 bis 24 Uhr im Offenen Kanal, und weil der Equipmentverleih „Musicbox“ kostenlos für Licht- und Soundanlagen sorgt und andere Firmen das Catering übernehmen, hofft Reinhold auf einen ansehnlichen Spendenbetrag: „Die zehn bzw. zwölf Mark Eintritt gehen praktisch komplett an die Hilfsprojekte: Ein Kranken- und ein Waisenhaus in der Stadt Adapazari. Wenn das Haus voll ist, kommen um die 10.000 Mark Reinerlös zusammen. Damit kann man in der Türkei schon eine ganze Menge anfangen.“
Die Projekte werden vom Senat für Gesundheit betreut und auch finanziell unterstützt. „Wir arbeiten mit den Behörden zusammen, weil wir sicher sein wollen, dass das Geld sicher am Ziel ankommt und sinnvoll verwendet wird. Die Ausländerbeauftragte des Landes Bremen hat die Schirmherrschaft über unsere Veranstaltung übernommen“, erklärt Fred Reinhold. „Wenn's gut läuft, kann ich mir vorstellen, sowas Ähnliches öfter mal zu machen, möglicherweise mit Pop, Hiphop oder Techno. Es gibt ja genügend Bedürftige, die Unterstützung brauchen.“
Wer am Freitag keine Zeit hat, kann für die Projekte auch direkt spenden, und zwar auf das Spendenkonto des Bremer Senats, Stichwort „Erdbebenhilfe Türkei“, Konto 1090653, Sparkasse Bremen, BLZ 29050101.
Klaus Cäsar Zehrer
Foto: Claudia Hoppens
Nordrock am Freitag, 10. Dezember, ab 18 Uhr im Schlachthof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen