busfahrerstreik : Die Streikenden verdienen Respekt
Nicht einmal das Archiv des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat eine Übersicht über alle Streiks in der Geschichte der bundesdeutschen Arbeitskämpfe. Doch dürfte der nunmehr ein Jahr lang währende Ausstand der Leverkusener Herweg-Busfahrer einer der längsten sein. Und ein exemplarischer dazu.
Kommentar von Jürgen Schön
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – dieser Grundsatz gilt schon lange nicht mehr. Die Busfahrer der Herweg Busbetriebe sitzen mit ihren Kollegen von der Muttergesellschaft Wupsi in derselben Kantine, arbeiten auf demselben Betriebsgelände, machen dieselbe Arbeit. Aber verdienen gut ein Drittel weniger.
Senkung der Lohnkosten ist der Sinn von Tochterfirmen. Oft mit dem Hinweis auf preisgünstigere europäische Konkurrenz. Und selbst innerhalb einer Firma wird oft nur neu eingestellt, wer bereit ist, für weniger Geld zu arbeiten. Danach verfahren nicht nur Verkehrsbetriebe, sondern auch Post oder Telekom. Der Trend zum Niedriglohn ist hier schon lange an der Tagesordnung. Die Gewerkschaften konnten diese Entwicklung bislang kaum stoppen.
Von den Lohnsenkungen hat der Verbraucher selten etwas: Die Preise steigen weiter, der Service sinkt. Wem also nutzt es? Den Gemeinden, die ihren Haushalt sanieren und sich aus der Verantwortung für die Grundversorgung stehlen. Und den (künftigen) Besitzern, oft Aktionären, die auf Dividende hoffen.
Deshalb verdienen die Streikenden von Leverkusen unsere Achtung. Sie kämpfen stellvertretend gegen das Diktat der Lohnsenkung, das die Wirtschaft weltweit durchsetzen will. Achtung verdienen sie auch, weil sie durchhalten, obwohl sie für die Öffentlichkeit kein Thema sind. Denn die interessiert sich nur, wenn es gleich um hunderte von Jobs geht. Ähnlich reagieren auch Politiker. Es ist ein Skandal, dass ein Unternehmen über Monate hinweg Gespräche über einen Haustarifvertrag verweigern kann und dabei politische Unterstützung erfährt. Dagegen helfen nur starke Gewerkschaften.