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Archiv-Artikel

SABRINA JANESCH, PREISTRÄGERIN Die Stadtschreiberin

Sabrina Janesch

■ 26, lebt inzwischen in Münster. Ihr zweiter Roman soll im Herbst kommenden Jahres erscheinen. Foto: Milena Schlösser

Die endlosen Felder Niederschlesiens: Sie sind Sabrina Janeschs früheste Erinnerung an Polen, das Land, aus dem ihre Mutter stammt. Ganze Sommerferien hat sie dort verbracht, auf dem Hof der Großeltern in der Nähe von Breslau. „Damals habe ich gar nicht verstanden, dass noch mehr Leute polnisch sprechen“, erinnert sich die 26-Jährige. „Ich dachte, das wäre unsere eigene kleine Sprache.“

Die Felder sind mittlerweile zugebaut, die Großeltern sind tot, doch das Schicksal des Großvaters beschäftigt die Enkeltochter weiter: In ihrem Debütroman „Katzenberge“ erzählt die gebürtige Gifhornerin von der Vertreibung des Großvaters nach dem Zweiten Weltkrieg: aus Galizien, im Westen der Ukraine und dem Süden Polens, nach Niederschlesien. Dafür bekommt Janesch im September den diesjährigen Nicolas-Born-Debütpreis des Landes Niedersachsen.

Bereits in ihrer Kindheit schrieb Janesch kleine Geschichten und Erzählungen. Nach dem Abitur beschloss sie dieser Schreiblust weiter nachzugehen: Sie begann Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim zu studieren. Während der Studienzeit fing sie auch an, sich umfassender mit Polen auseinanderzusetzen, insbesondere mit der Politik und der Literatur. Für zwei Semester ging sie an die Jagiellonen-Universität nach Krakau: „Dort habe ich Polen nochmal fernab von meiner Familie kennengelernt.“

Nach ihrem Diplom ging sie 2009 mit einem Stipendium des Kulturzentrums östliches Europa für ein knappes halbes Jahr als Stadtschreiberin nach Danzig. Dort leitete sie Diskussionen, hielt Vorträge am Herder-Zentrum der Universität und bloggte ihre Erlebnisse.

In Danzig ist auch ihr zweiter Roman angesiedelt, an dem sie derzeit arbeitet. Vom Verschwinden eines polnischen Irak-Soldaten soll er handeln. Danzig am Schreibtisch aufleben zu lassen, fällt Janesch dabei nicht schwer: „Durch die Entfernung kann ich meine eigene Stadt auferstehen lassen, die natürlich starke Ähnlichkeit mit Danzig hat.“

Ihre eigentliche Heimat sieht Janesch jedoch in der deutschen Sprache: „Das ist mein Medium, das ich überall mitnehmen kann.“