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■ Die Schwierigkeiten der SPD mit dem Ex-Kader UschnerMehr Canossa geht nicht

Das Problem dadurch erledigen, daß diejenigen Mitglieder der ehemaligen SED und heutigen PDS, die sozialdemokratische Positionen vertreten, dann auch zum Original kommen: Was dem Bundesvorsitzenden Scharping bislang ein Königsweg im Umgang mit den SED-Nachfolgern schien, wird durch den Beschluß der Berliner SPD unversehens zum Nadelöhr. Uschner blieb darin stecken – ein Signal an all die anderen postkommunistischen Kamele, die noch in das sozialdemokratische Himmelreich streben.

Dabei bot doch der Fall des ehemaligen SED- Funktionärs alle Voraussetzungen, vor der parteieigenen Inquisition Gnade zu finden: vom Politbüro noch vor der Wende kaltgestellt, ohne erkennbares Fehlverhalten zum Schaden Dritter, bereit, im Dienste der Sozialdemokratie unter ehemaligen Parteigängern zu missionieren. Den Willen dazu stellte Uschner durch eine bald fünfjährige Anwartschaft in den diversen Kreisverbänden inklusive der dazugehörigen peinlichen Befragungen unter Beweis. Um den Preis sozialdemokratischer Glaubwürdigkeit: Mehr Canossa kann man eigentlich von einem Funktionär nicht verlangen, in dem doch schon früher einige führende SPD-Köpfe einen Bruder im Geiste ausmachten.

Doch gerade dieser Umstand war es anscheinend, der dem Axen-Adlatus zum Verhängnis wurde. Uschner, so monierte die für ihn zuständige Treptower SPD, baue „offenbar mehr auf Protektion durch führende Sozialdemokraten“, statt „im örtlichen Bereich das notwendige Vertrauen“ aufzubauen. Die Vergangenheitsaufarbeitung ist in der SPD zu einer Frage der Hegemonie verkommen. Wer hat in den östlichen Verbänden das Sagen? Die Schwante-SPD, bei der sich der ethische Impetus mit einem schwindenden Einfluß paart? Oder die Funktionärsschicht, die beim Parteiaufbau Ost auch die ehemaligen Leistungsträger fest im Blick hat? Schon einmal scheiterten letztere an ersteren. Berghofer wurde abgelehnt, als er der SED/PDS den Rücken kehrte. Die damals eingeschlagene Strategie der Abgrenzung trug nicht unwesentlich zur Stabilisierung der PDS bei.

Mit diesem Ergebnis kämpft die SPD heute. Die Einsicht, daß die Auseinandersetzung mit den ehemaligen Systemträgern gerade auch ihre Aufgabe ist, reifte langsam und war überlagert von partei- und wahltaktischen Überlegungen. Uschners Aufnahme sollte nun den Willen zu dieser Auseinandersetzung signalisieren. Sie wäre zwar nicht, wie der Mitbegründer der Ost-SPD, Stephan Hilsberg, befürchtete, die Umgestaltung der SPD in Ostdeutschland mit Hilfe gewendeter SED-Kader gewesen, aber die Anforderung an die Bürgerrechtler, sich der Auseinandersetzung mit den ehemaligen politischen Gegnern auch parteiintern zu stellen. Zuviel verlangt? Dieter Rulff

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