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Die Schnauze voll vom Krieg

■ betr.: „Milizen zerschießen Liberias Friedensplan“, taz vom 10. 4. 96

Ich bewundere und schätze Ihre Afrikaberichterstattung außerordentlich. Keine andere deutsche Tageszeitung informiert so faktenreich gerade über Westafrika. Gestern habe ich mich aber mal geärgert:

Der Krieg in Liberia hat natürlich auch ethnische Hintergründe. Das ist ja auch, neben der Religion, die einfachste Art, Menschen gegeneinander zu hetzen. In Liberia kommt allerdings ganz wesentlich die wirtschaftliche Komponente dazu. In diesem rohstoffreichen Land haben die Rebellen die Claims abgesteckt. Charles Taylor beutet die Kautschuk und Tropenholzvorkommen aus, die Ulimo, die ja seit einem Jahr in Ulimo-J (Johnson) und Ulimo-K (Kroma) gespalten ist, kontrollieren die Diamantenminen usw. Ohne diesen finanziellen Hintergrund könnte der Krieg in Liberia nicht ins siebente Jahr gehen. Daß Nigeria ganz eigene Interessen verfolgt (Anglophonie/regionale Vorherrschaft) und die westafrikanische Friedenstruppe Ecomog nicht viel ausrichtet, ist zwar richtig. Das liegt aber auch daran, daß Ecomog materiell völlig unzureichend ausgestattet ist. Die westafrikanischen Staaten können das allein nicht leisten. Westliche Hilfe in Form von Fahrzeugen, Kommunikationstechnologie etc. wurde zwar versprochen, hat aber Liberia bis heute nicht erreicht.

Der Krieg in Liberia läßt sich also keineswegs mit dem klassischen Schema: „Stammesfehden“ und „unfähige Politiker“ erklären. Es geht um knallharte politische und wirtschaftliche Interessen.

Und die Leute in Liberia, egal, welcher Ethnie sie angehören, haben die Schnauze voll vom Krieg. Ich war im Januar in Monrovia und völlig überrascht davon, wie intensiv Friedens- und Versöhnungsarbeit in Monrovia stattfindet – und wie sehr die Menschen dort darunter leiden, daß sie kaum Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Martin Zint, Mühltal

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