■ Die Sächsische: Briefwechsel
Dresden (taz) – Kaum Eigenberichte, kaum aktuelle Texte: deutlich dünner sind gestern die 19 Lokalausgaben der Sächsischen Zeitung erschienen. Laut Deutschem Journalisten-Verband (DJV) sind seit der Urabstimmung am Dienstag 300 Mitarbeiter im Ausstand. Sie wollen verhindern, dass die Lokalredaktionen aus dem Dresdner Druck- und Verlagshaus (DD + V) ausgegliedert und in selbstständige Dienstleistungsgesellschaften umgewandelt werden. Um zumindest das Erscheinen des Mantelteils der Zeitung zu gewährleisten, hat die Geschäftsleitung Leute von außen eingekauft. „Wir wissen von fünf Journalisten von der Rhein-Zeitung“, sagt Frank Hanke vom Streikbüro. Für Blattplanung und -produktion seien mindestens 15 Kräfte eingekauft worden.
Inzwischen hat Verlagsleiter Mario Frank an alle Mitarbeiter einen Brief geschrieben: „Kehren Sie an ihren Arbeitsplatz zurück! Setzen Sie ein Zeichen der Solidarität für die Zeitung, von der wir alle leben.“ Frank begründet die Ausgliederungen: Die DD + V-Anzeigenerlöse seien in den letzten fünf Jahren um 24 Millionen Mark gesunken, die Auflage um durchschnittlich 12.000 Exemplare pro Jahr. Dagegen seien die Personalkosten „dramatisch“ gestiegen. „Die Ausgliederungen sollen heute verhindern, dass wir morgen kündigen müssen“, so Frank.
Einen Brief geschrieben haben auch die Streikenden. 50.000fach soll er an die Leser verteilt werden. „Darin erklären wir, dass es uns nicht um mehr Geld geht, sondern darum, ob es künftig überhaupt noch Tarifverträge geben wird“, so Gerda Thiele vom DJV. Die Gewerkschaft fürchtet, dass drastische Gehaltssenkungen die Folge der Ausgliederungen sind. Streikbrechen soll sich in Dresden lohnen. „Die Geschäftsführung hat bekannt gegeben, dass die Gehälter der Streikenden unter denen aufgeteilt werden sollen, die jetzt an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.“ Vermitteln soll jetzt die SPD. Michael Kopp von der IG Medien war gestern mit einer Streikabordnung in Berlin bei Rudolf Dreßler. Die SPD hält 40 Prozent an DD + V. Nick Reimer
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