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Die Sache stinkt zum Himmel!

Die Auslieferung der mutmaßlichen Mörder des sizialinischen Richters Livatino in Dormagen verkompliziert sich/ Sind die Italiener der prozeduralen Notwendigkeiten wirklich so unkundig?  ■ Aus Rom Werner Raith

Es hätte wohl ein spektakulärer Erfolg für die Ermittlungsbehörden und Beleg für schnelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden können: Nur eine Woche nach der Ermordung des sizilianischen Richters Livantino bei Agrigent Mitte September gab es schon die „deutsche Spur“, vorige Woche wurden zwei stark Tatverdächtige von der Kölner Kripo festgenommen, Mitglieder möglicherweise eines Killer-Pendelverkehrs.

Einer schnellen Überstellung schien nichts im Wege zu stehen: Es gab einen Augenzeugen, den man gegenüberstellen konnte, und es gab Fingerabdrücke und Kleidungsstücke beweiskräftiger Art.

Seither beginnt sich die Sache jedoch zu verkomplizieren, und das ist nicht nur den italienischen Medien unerklärlich. Auch deutsche Strafverfolger wundern sich inzwischen, was den Italienern da alles angeblich schiefläuft. Die ersten „Abholer“ kamen ohne irgendwelche verwertbaren Unterlagen; dann wurde zwar der Zeuge eingeflogen, der den Täter auch für die deutschen Ermittler glaubwürdig identifizierte; doch diesmal fehlte das vorgeschriebene formale Ersuchen. Dann schwebte, statt der Unterlagen, ein halbes Dutzend Kripobeamte und Ermittler ein, um die Leute erst mal in Köln zu vernehmen. Im eigenen Land dagegen verbreiten die italienischen Fahnder inzwischen eifrig, die Deutschen seien es, die die Geschichte so verschleppten. Die taz-Anfrage in Sizilien, was man denn ins Auslieferungsbegehren reingeschrieben habe, ergab schließlich die entwaffnende Antwort: „Das lassen wir uns erst runterfaxen.“

Möglicherweise steckt noch etwas anderes hinter alledem als nur prozedurale Unkenntnis. Mehr und mehr verflüchtigten sich nämlich die anfänglich in die italienische Presse gestreuten Hinweise, die nach Köln geführt haben sollen: Niemand spricht mehr vom Fingerabdruck; auch Tatwaffe und Kleidungsstücke sollen es nicht mehr gewesen sein.

Was anderes aber könnte nach Köln gewiesen haben? Tatsache ist ja, daß man dort nun einen der Täter durch Gegenüberstellung mit dem Zeugen mit hoher Wahrscheinlichkeit ermittelt hat. Haben die italienischen Behörden mit ihren ersten Angaben zunächst einmal ihren Kenntnisstand verschleiert? Dafür würde auch sprechen, daß die Pressestellen in Agrigent penetrant Düsseldorf (und nicht den Essener Raum) als Aufenthaltsort der Verdächtigen bezeichneten.

Deutsche Polizisten und Staatsanwälte, am vergangenen Wochenende während einer Tagung der Evangelischen Akademie in Bad Boll über „Polizei und Justiz im Europa ohne Grenzen“ auf die Merkwürdigkeiten des Falles angesprochen, sahen vor allem zwei Versionen als möglich an: entweder kam die italienische Polizei auf die Spur durch ein Wissen, das, bekanntgeworden, ihr selbst schaden würde (etwa durch abgehörte Gespräche — mit Hilfe derer man aber den Mord vielleicht hätte verhindern können). Oder aber die italienische Polizei spielt derzeit die Beweislage herunter, um die Verdächtigen so lange wie möglich in Köln einsitzen zu lassen — wo sie allemal sicherer sind als in italienischen Knästen, in denen in den letzten Jahren ein Dutzend Personen aufgrund mafioser Aufträge umgebracht worden ist.

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