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■ KommentarDie SPD ist total high

Ein letzter Rettungsanker hält den schlingernden Hamburger SPD-Tanker derzeit noch fest: Der flügelübergreifende Traum von einer neuen absoluten Mehrheit. Voscheraus Wahlkampfziel wirkt wie eine süße Droge, welche vor der Konfrontation mit der Realität schützt. Setzen Hamburgs WählerInnen die Sozis am 19. September plötzlich auf Entzug, dann wird Heulen und Zähneklappern sein.

Nicht wenige klappern schon heute: In Zentrum der SPD-Rechten, der Wandsbek-Connection, fliegen die Fetzen. Nur in einem ist man einig: Eine grüne Koalition wäre ein GAU für rechte Politik und die Führungsrolle der SPD-Rechten in der SPD-Regierungspolitik.

Zu genau derselben Einschätzung kommen die SPD-Linken: Für sie sind die Grünen ein bösartiger Konkurrent auf ureigenem Terrain, der Pfründe und Posten bedroht, und, fast ebenso schlimm, mit der Aura der besseren Moral daherkommt. Bitter für die Linken ist die Erkenntis, daß jene fortschrittliche Politik, von der sie seit 1965 faseln, überhaupt erst mit den Grünen angepackt werden könnte.

Ein böses Dilemma für die SPD-Linke: Nur der politische Verrat, eine Koalition mit den Klassenfeinden von CDU und FDP, könnte vor dem grünen Gift schützen. Und selbst die Rechte weiß, daß Parteivolk und Wahlvolk eine Koalition mit den Konservativen nicht so leicht schlucken würden.

So greifen alle gemeinsam zu jener Opiumpfeife, mit deren Rauch Henning Voscheraus Wahlkampfreden schon heute gewürzt sind: Ernsthafte Reformen? Nonsens, die wären niemals durchzusetzen! Die SPD ist die beste aller Parteien! Weiterregieren ist prima! Hamburg hat nichts anderes als uns verdient...

Florian Marten

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