Das Portrait: Die Resolute
■ Gisela Nacken
Laute Töne sind nicht ihre Sache. Wenn Gisela Nacken zum Mikrofon eilt, dann werden die Freunde des politischen Klamauks genausowenig bedient, wie jene, die nach linken Sprechblasen dürsten. Die 38jährige Architektin, die gestern von der grünen Fraktion im Düsseldorfer Landtag erneut zur Sprecherin gewählt wurde, kommt mit ihrer Botschaft in sachlicher Verpackung daher, ohne Polemik – aber auch ohne Witz. Weil sie sich immer wieder verweigert, den Verlockungen des parteipolitischen Opportunismus zu folgen, findet sie Gehör.
Als in den vergangenen Wochen im rot-grünen Dauerclinch die emotionale Erregung den Gipfel erreichte, da war es Nacken, die ihren Parteifreunden reinen Wein einschenkte. Auf dem bündnisgrünen Parteitag in Hamm, der sich unter großen Schmerzen für die Fortsetzung der Düsseldorfer Koalition entschied, hielt sie die mit Abstand mutigste Rede. Mutig deshalb, weil sie auch in der aufgeladenen Atmosphäre nicht davor zurückschreckte, der Partei „schmerzhafte Wahrheiten“ ins Stammbuch zu schreiben. Während sich alle anderen mit Verve dem Spiel „Hau den Clement“ hingaben und den SPD-Wirtschaftsminister als Alleinverantwortlichen für die Krise hinzustellen suchten, listete sie Punkt für Punkt die eigenen Fehler auf.
So räumte sie ein, daß es den im Koalitionsvertrag versprochenen Einstieg in eine nächtliche Kernruhezeit für die Frachtflieger am Köln- Bonner Flughafen „nicht gegen, sondern nur mit den dort tätigen Unternehmen“ geben könne. Der Parteitag hörte die Nachricht nicht gern, aber er respektierte die Botschafterin.
Daß ihr Wahlergebnis gestern deutlich schlechter ausfiel als bei ihrem Amtsantritt 1995, hängt mit der politischen Polarisierung in der grünen Landtagsfraktion zusammen. Während vor einem Jahr noch 19 der 24 Abgeordneten für die Aachenerin votierten, bekam sie gestern nur noch 15 Stimmen. Ihr Sprecherkollege, der zu den gemäßigten Linken zählende Roland Appel, kam auf 14 Jastimmen. Ein Wahlergebnis, das zur weiteren Stabilisierung der rot-grünen Koalition beitragen dürfte.
Seit 1983 gehört Gisela Nacken den Grünen an. Auch ganz privat fand sie in der Partei mit dem grünen Parteisprecher Reinhard Priggen ihr Glück. Seit langem lebt das grüne Politpaar mit zwei Kindern in Aachen zusammen. Walter Jakobs
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