Die Rechnung kommt: Schönfalschleben
Hamburger Kunsträume
von Hajo Schiff
Es gibt Partys, nach denen später die Rechnung zugestellt wird. Kaum wurde am Zweitspielplatz Athen noch vor Kassel die diesjährige Documenta 14 eröffnet, gibt es Meldungen, das Geld könne nicht reichen. Kein Einzelfall. Oft steht der Glanz der Kunst finanziell auf tönernen Füßen.
So auch in Gotham City, wie der aus düsteren Backsteinen gebaute Teil der Speicherstadt von den Künstlern der Ateliergemeinschaft am Brooktorkai 11 genannt wird. Unter diesem popkulturellen Titel wird dieses Wochenende zu offenen Ateliers mit Ausstellungen und Performances eingeladen: Zehn Jahre Existenz gibt es für die neun Ateliers zu feiern.
Aber das heißt nicht, alles ist gut. Denn die HHLA, der die Räume gehören, ist kein so großartiger Mäzen. Wie auch an anderen Kunstorten lassen sich die stadteigenen Firmen ihre Immobilien weitgehend nach Marktwert bezahlen. Die Mieten werden dann von der Kulturbehörde oder anderen Geldgebern auf ein für Künstler erträgliches Maß heruntersubventioniert. Solche Modelle sind meist zeitbegrenzt, hier waren es die ersten sieben Jahre. Dann greift das, was man auch Gentrifizierung nennt.
Doch Ateliers sind Produktions- und Rückzugsräume und keine Start-up-Garagen. Überall steigende Mieten und folgende Umzugszwänge sind der bildenden Kunst nicht förderlich. Hier in der Hafencity werden nun neue Sponsoren gesucht. Fürs Erste spenden die 40 geladenen Gastkünstler 30 Prozent ihrer Verkaufserlöse: Nett, aber dass Künstler den Kollegen Atelierraum finanzieren, ist ja auch keine richtige Lösung.
Darüber, ob es überhaupt ein richtiges Leben im falschen geben könne, hat sich Adorno einst den Kopf zerbrochen. Doch Künstler dürfen Gesellschaftskritik auch auf Ironie umschneidern und einfach dem Motto folgen: „Schön falsch leben“. So heißt jedenfalls die diesjährige Jahresausstellung des Berufsverbandes bildender Künstler. Sie wird am Montagabend im Kunsthaus eröffnet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen