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Die Provinz muckt auf

Mit dem 1:1 im spanischen Evergreen zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid bleiben alle Optionen offen. Globalisierungsgegner nutzen das Spitzenspiel zu einem medienwirksamen Auftritt

aus Barcelona RONALD RENG

Die Einsamkeit des Torwarts kam über Cesar Sánchez. Inmitten von 98.000 Menschen war er allein. Als der Ball im Tor lag, richteten sich alle Augen auf ihn. Verachtung, Häme und Mitleid lag in den Blicken.

Es ist der Fluch seiner Position, dass ein Torwart sich nicht reinwaschen kann für seine Missgeschicke, seine Fehler bleiben für immer, und der von Cesar Sánchez, 30 Jahre alt, ein Länderspiel für Spanien, war gestern schon in Druckerschwärze gegossen: „Er hatte es in den Händen“, schrieb Spaniens größte Sportzeitung Marca auf der Titelseite, und darunter auf dem Foto glitt es Sánchez aus den Handschuhen: der Ball, nicht zu hart geschossen aus 22 Metern von Barcelonas Mittelfeldspieler Xavi Hernández, und der Sieg. Es wäre Real Madrids erster Sieg seit 19 Jahren im Stadion Camp Nou von Barcelona gewesen. „Ich fühle mich, als hätten wir verloren“, sagte Reals Sportdirektor Jorge Valdano nach dem 1:1. „In der Tat haben wir verloren: eine große Möglichkeit.“

Barça gegen Real ist weiter das Spiel, in das die ewig rivalisierenden Metropolen all ihre Eitelkeiten und Konflikte hineinlegen. „Katalonien ist nicht Spanien“, stand auf einem Banner, den die Barça-Fans enthüllten; auf Englisch, nicht Katalanisch. Heutzutage kommt sogar Regionalstolz international daher.

Doch wer sich von dem traditionellen Trubel um das Spiel löste, erkannte, dass der verpasste Sieg für Real nur emotionalen, keinen reellen Schaden hinterließ. Denn längst ist Barça gegen Real nicht mehr das Ein und Alles in der Primera Division. Die Provinz mischt sich ein. Gemessen an der derzeitigen Form müssen acht Spiele vor Saisonschluss von den drei führenden Teams der FC Valencia und Deportivo La Coruña noch vor Real als Favorit gelten. Barcelona rettete mit Xavis Tor in der 58. Minute zwar die Serie der heimischen Unbesiegbarkeit gegen den historischen Rivalen, doch effektiv verharrte es im Stillstand: Als Tabellenfünfter lag Barca nach dem Abpfiff weiterhin sechs Punkte hinter Real.

Die Partie, die nicht unter den allerbesten in die Geschichte eingehen wird, war eine weitere Bestätigung, dass dieses Barça vieles kann, aber nicht die entscheidenden Spiele gewinnen.

Ob Real in den kommenden Wochen die entscheidenden Spiele gewinnen wird, hängt nicht zuletzt am Torwart. Erst vor drei Wochen tauschte Trainer del Bosque seine Nummer eins, Iker Casillas, gegen Cesar Sánchez, ein unnötiger Wechsel, und es wäre nicht das erste Mal, dass ein Trainer mit einem Torwarttausch mitten in der Saison nur eines erreicht: dass am Ende keiner von beiden mehr gut spielt. Torhüter sind so einsam, dass sie vom Trainer keinen Druck brauchen, sondern Vertrauen.

Bei Barcelona etwa stellten sich gleich zu Spielbeginn zwei Leute demonstrativ zu Roberto Bonano ins Tor. Wobei sie, wie sich dann herausstellte, etwas anderes wollten als Solidarität mit dem Torwart. Zwei Antiglobalisierungs-Demonstranten waren vom nahen EU-Gipfel ins Stadion gekommen, es dauerte sieben Minuten bis die Ordner die beiden aus dem Tor entfernt hatten. Sie hatten sich mit Handschellen an die Torpfosten gekettet.

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