■ Die Ölkatastrophe in Spanien hat mit unserem Alltag zu tun: Bedürfnisse auf Grund gelaufen
Schon wieder ist ein großer Tanker auseinandergebrochen und Rohöl ausgelaufen – diesmal 80.000 Tonnen. Schon wieder stehen schwarze Wolken über einer wunderbaren Küste, und schon wieder ist ein Streifen Küste auf Jahre hinaus tot. Mit unschöner Regelmäßigkeit laufen Tanker wie die griechische „Aegean Sea“ auf ein felsiges Hindernis, brechen auseinander, brennen und lassen das „schwarze Gold“ in die Umwelt laufen. Kurz flammt die Empörung über die Unvorsichtigkeit des Kapitäns, die mangelnden Sicherheitsvorschriften der Reeder und die Untätigkeit der Behörden auf. Anschließend gehen Ölgesellschaften, Behörden und VerbraucherInnen wieder zur Tagesordnung über. Die Katastrophe ist zum Alltag geworden.
Das ist nicht zynisch, das ist logisch. Über eine Milliarde Tonnen Rohöl werden jährlich gefördert, der größte Teil davon wird zu den unersättlichen VerbraucherInnen in die Industrieländer transportiert. Beim Bohren gelangen große Mengen Öl in die Umwelt, beim Auswaschen der Öltanks wird die Umwelt hemmungslos versaut, 650.000 Tonnen Öl fließen auch ohne große Unfälle jährlich allein ins Mittelmeer. Die regelmäßigen Unfälle sind nur das dreckige Sahnehäubchen dieser permanenten Öko-Katastrophe. Knapp dreißig Mal hat ein Tanker seit 1978 mehr als 35.000 Tonnen Öl ins Meer fließen lassen, etwa die Größenordnung der Katastrophe der „Exxon Valdez“ vor Alaska. Die Fachleute nennen das Mega- Spil, Riesenleck.
Aber was sollen die Herren des Rohöls denn auch machen. Pipelines, ohnehin keine Zierde für die Landschaft, sind auch nicht unbedingt sicherer – die ökologischen Konsequenzen eines Pipeline-Lecks können genauso verheerend sein. Bleibt die Minimierung der Risiken eines Tankertransports – mit den technischen Schwachstellen und menschlichen Unzulänglichkeiten, die damit nun mal verbunden sind.
Mehr Vorsicht und eine doppelte Tankerwand – das ist nur ein Herumdoktern an Symptomen. Die Krankheit, die den Tanker vor La Coruna auf Grund laufen ließ, ist der unersättliche Energiehunger der (westlichen) Industriestaaten. Tote Vögel und biologisch tote Badeküsten sind der Preis, den andere offenbar noch zu zahlen bereit sind.
Nach der Katastrophe von La Coruna sollte nicht wieder vor allem nach der Schuld von Tankerkapitänen und behördlichen Schlafmützen gesucht werden. Nach der Katastrophe sind die schlafmützigen Energiepolitiker Europas gefragt. Und nach dieser Katastrophe gehören die Ölverbraucher ins Kreuzverhör. Um einen alten weisen Mann zu paraphrasieren:
Wer von Tankerunglücken redet, darf vom Autofahren nicht schweigen. Hermann-Josef Tenhagen
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