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Die Netz-US-Serie "Dr. Horrible"Weg aus der Krise

Der wichtige US-Serienmarkt hat sich 2008 stark verändert. Die kleine Serie "Dr. Horrible" steht nun für ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell.

Genialer Irrsinn: "Dr. Horrible" ist eine Mischung aus Comedy und Drama - verpackt in ein Musicalformat. Bild: screenshot trailer

Bis vor wenigen Jahren ging im TV-Geschäft in Hollywood alles den gewohnten Gang: In der sogenannten Pilot Season orderten die großen TV-Netzwerke jede Menge neue Comedy- und Drama-Pilotfolgen, von denen sie dann eine Auswahl schließlich ins Fernsehen brachten.

Schalteten genügend Zuschauer ein, wurde aus einer solchen Serie oft über Jahre ein prima Geschäft: Stars und Produzenten verdienten Millionen, die Sender dank der Werbeeinnahmen nochmals ein Vielfaches. Als Bonus kamen das ausländische Auswertungsgeschäft und, seit Mitte der 90er, der DVD-Absatz hinzu. Dabei entstanden neben allerlei Schrott auch viele Perlen: Shows wie "The Sopranos" oder "Seinfeld" wären in anderen Ländern nicht machbar, schon weil die Budgets dort kleiner sind. In Hollywood sind sie machbar.

Allein, die Maschine stottert.

Werbeeinnahmen und Zuschauerzahlen gehen zurück. Immer mehr spezialisierte Fernsehstationen und das Internet fragmentieren den Markt. Hinzu kam der lange Streik der Drehbuchautoren, die an Online-Einnahmen beteiligt werden wollten. Ergebnis: In diesem Jahr hat sich die US-TV-Landschaft grundlegend verändert. Es wurden weniger Pilotfolgen bestellt, erstmals haben sonst viel beschäftigte Crews Probleme, genügend Aufträge zu erhalten. Die sogenannten Upfronts, bei denen die TV-Netzwerke ihre neuen Shows traditionell mit großem Pomp der Werbekundschaft präsentieren, fielen aus oder waren deutlich kleiner. Hollywood spürt die Krise.

Kreative TV-Produzenten suchen deshalb nach Auswegen, Joss Whedon etwa, der in den vergangenen Jahren gerade im Fantasybereich von sich reden machte, etwa mit "Buffy", "Angel" oder "Firefly". Während des Autorenstreiks schrieb er mit einigen Freunden und seinen Brüdern eine neue Miniserie, die er komplett über das Internet und später als DVD vertreiben wollte.

Das Ergebnis ist nun online: "Dr. Horrible" ist eine Mischung aus Comedy und Drama - verpackt in ein Musicalformat, gespielt von aufstrebenden Schauspielern wie Neal Patrick Harris ("How I Met Your Mother") und Nathan Fillion ("Desperate Housewives"). Das Projekt wurde mit einem "niedrigen sechsstelligen Betrag" finanziert, wie es hieß - Schauspieler und Crew erhielten also zunächst nur wenig Lohn. Auch der Vertrieb war innovativ: Eine Woche lang war die Serie kostenlos im Internet zu sehen, um dann für 2 Dollar pro Folge bei iTunes verkauft zu werden. Schon am ersten Tag brachen Whedons Server zusammen.

Im Gegensatz zu den großen Hollywood-Studios, für die Whedon sonst arbeitet, öffnete er seine Inhalte sofort für die ganze Welt: "Dr. Horrible" war über den Abrufdienst Hulu international zu sehen, der sonst aufgrund von "Rechteproblemen" (ergo: dem Wunsch der Medienkonzerne, in jedem Land einzeln Auswertungsverträge zu schließen) nur auf die USA beschränkt ist. Kaufen konnten Fans aus Europa oder Asien die Serie allerdings (noch) nicht: Nur in den iTunes-Läden für Kanada und die USA war sie zunächst verfügbar. Whedon verspricht allerdings, dass sich das bald ändert. Auch die geplante "Dr. Horrible"-DVD soll international verkauft werden.

Bislang ist noch unklar, wie viel Geld Whedon und seine Crew umgesetzt haben. Beobachter gehen aber davon aus, dass der Produzent sein Budget mehrfach wieder herausholt, was sicher nicht immer klappen wird, gerade dann nicht, wenn man nicht wie Whedon Promi-Produzent ist. Dennoch zeigt "Dr. Horrible", dass Fernsehen abseits der Medienkonzerne möglich ist. Die Branche muss den Ausweg aus der Krise nur rechtzeitig finden.

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1 Kommentar

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  • BG
    Beate Geibel

    Herzlichen Dank für dieses Artikel.

     

    Na endlich, hab mich schon gewundert, der Spiegel war Ihnen auch nur 2 Tage voraus, warum niemand hier in Deutschland vorab über dieses grandiose und vor allem in Bezug auf die Zukunft der Entertainment Branche wegweisende Projekt berichtet hat. Dabei waren alle Information seit einigen Monaten im Netz zugänglich.

     

    Das das Projekt ein voller Erolg werden würde, war eigentlich allen, die sich mit dem Phänomen Whedon und dessen weltweit extrem loyalen Fanbase beschäftigen, klar.

     

    Die Masse von 2,2 (!) Mio Mal, die das Musical angeschaut wurde, hat dann aber doch alle überrascht. Platz 1 der US Downloadcharts nach nur einem Tag, obwohl das Musical frei anschaubar war, das ist schon beeindruckend.

     

    Um zu verstehen, warum das Projekt solche Wellen geschlagen hat, muss man sich auch mit dem Phänomen der Browncoats bechäftigen. So nennen sich die Fans der "FIREFLY" Serie. Nachdem FOX (bis heute für viele nicht nachvollziehbar) das Projekt nach nur 14 Folgen eingestellt hatte, begann ein bis heute einzigartiger Fanprotest. Diese Fans kämpfen seit nun mehr 8 (!) Jahren um die Weiterführung der Serie. Resultierend auf die nicht abflauenden Fanproteste hatte FOX die 14 Folgen dann doch als DVD Box Set veröffentlicht und innerhalb nur weniger Monate weltweit mehrere 100.000 Stück verkauft. Whedon, überzeugt vom Potential von FIREFLY und von den Fanprotesten ermutigt, gab nicht auf und überzeugte schliesslich Universal Pictures von seinem Filmprojekt "SERENITY". Ein 100 Mio Dollar Spielfilm, der zwar an den Kinokassen nur mässig erfolgreich war, aber auch hier wieder gab es anschliessend mehrere 100.000 verkaufte DVD´s. Eine bis heute in Hollywood einzigartige Aktion, aus einer Serie, die noch nicht mal eine volle Saison hatte, resultiert ein Kinofilm.

     

    Die Browncoats in den USA und UK mieten seit Jahren private Kinosäle an, zeigen dort Serenity, die Einnahmen aus dieses privaten Screenings, die immer ausverkauft sind, gehen an Equality Now, eine Charity Organisation, die Joss Whedon unterstützt. So sind in den letzten Jahren ca. 160.000 $ zusammengekommen.

     

    Zudem gibt es eine auf DVD erschienene sehenswerte Fandokumentation über das Phänomen FIREFLY, die ebenfalls bisher mehrere 10.000 DVD´s weltweit verkauft hat.

     

    Frei nach dem Firefly Motto:

     

    "We have done the impossible and that makes us mighty !"

     

    Diese Browncoats machten einen grossen Teil der Fans aus, die jetzt Dr. Horrible unterstützt haben. Hierbei ging es auch um ein Statement gegenüber der grosse TV Networks. Es ging darum aufzuzeigen, was möglich ist, auch ohne grosse Budgets und eben ohne den Support der TV Sender.

     

    Völlig ausgehebelt wurde hierbei die bislang vorherrschende Meinung, wenn etwas frei erhältlich sei, würde keiner dafür zahlen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Fans WOLLTEN und WOLLEN dafür zahlen, um Joss Hwedon und alle die an diesem wundervollen Projekt gearbeitet haben zu unterstützen. Die Fans haben verstanden, welche Macht sie haben, wenn sie sich zusammentun. Ich denke, daß Menschen sehr wohl bereit sind, für gut gemachtes Entertainment Geld zu bezahlen und da kann man gerade bei Joss Whedon sicher sein, denn alles was er bisher gemacht hat, ist geistreich, ungewöhnlich, hat Herz und immer unterhaltsam.

     

    Man muss sich nur mal die Kommentare bei YOUTUBE anschauen, dort sind einige der Episoden von Dr. Horrible geposted. Dort halten die Fans sich gegenseitig an, doch bitte das Ganze bei Itunes downzuloaden oder dann die DVD zu kaufen.

     

    Dr. Horrible war nicht das erste Projekt, das rein fürs Internet gemacht wurde.

    "The Guild" (von Felicia Day) und "Quarterlife" (von Zwick/Hershkowtz) sind zwei weitere Beispiele dafür, wie es gehen kann. Allerdings wird Whedon wohl der erste sein, der mit seinem Projekt Profit macht.

     

    FOX wird sich nun sehr genau überlegen, wie sie mit Joss Whedon´s neuem Projekt "DOLLHOUSE", was im Januar 2009 starten wird, umgehen werden. Denn diese Fansbase ist nicht mehr zu unterschätzen.

    Sie sollten aus dem FIREFLY Debakel gelernt haben.

     

    Wieso sollte denn in Zukunft auch nicht die Möglichkeit bestehen, Fans kaufen ein Abo, zahlen im Monat 10/20 $ und schauen sich ihre Serie im Internet an, ohne Angst zu haben, daß Ihre Lieblingsserie aus unerfindlichen gründen von einem der grossen Networks eingestellt wird.

     

    Joss Whedon hat aufgezeigt wie es gehen kann.

     

    Joss Whedon hat, wie sie richtig beschrieben haben, einen neuen Weg der Vermarktung gefunden.

    Die Zukunft ist seit dem Dr. Horrible Erfolg bereits Gegenwart und am Ende gilt:

     

    YOU CAN`T STOP THE SIGNAL !