press-schlag : Die Natur ist manchmal doch besser als ihr Ruf
Wir brauchen endlich: diktatorisch verfügte Spitzenspiele. Und natürlich: Frisurengarantie für Torjäger
Die Natur, liest und hört man ja immer wieder, sei der beste Designer. Dagegen sprechen weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns, das Gesicht von Christoph Daum und die Paarungen des dritten Spieltags. Wolfsburg – Frankfurt, Karlsruhe – Köln, Stuttgart – Hannover et cetera, Spitzenspiele sehen jedenfalls auf dem Papier anders aus.
Anstatt bei der Auslosung König Zufall regieren zu lassen, wäre es ja vielleicht nicht schlecht, wenigstens einen wirklichen Hammer pro Bundesligawochenende ganz unnatürlich und diktatorisch von oben festzulegen, etwa indem man auf Grundlage eines wahrscheinlich nicht unkomplizierten mathematischen Systems jeweils zumindest zwei für den Meisterschaftskampf relevante Mannschaften aufeinandertreffen ließe. Oder würde das dann Wettmanipulationen aus dem asiatischen Raum Vorschub leisten?
Und wenn schon: Nachträglich, verkündete Ligaverbandspräsident Dr. Reinhard Rauball zu vermuteten Schiebungen 2005, werde man keine Saisonergebnisse korrigieren – als sei das die natürlichste Sache der Welt, als hätten es die doch angeblich immer so unsauberen Italiener nicht anders und besser gemacht. Aber der Zwangsabstieg von Juventus Turin in Liga II war dann eben ein Ereignis, während ein Zwangsaufstieg des 1. FC Kaiserslautern zurück in Liga I, nun, einfach unnatürlich wäre.
Aber was soll’s, zurück zum Fußball, wie der Premiere-Kommentator sich in die deutsche Sportzuschauerseele mit treuem Augenaufschlag quasi hineinschraubend sagte, weg von diesem schmutzigen, sportfremden Treiben und rein in das Topspiel des Tages, 1999 (Gründung der GmbH) Leverkusen gegen 1899 Hoffenheim. Der eine Club gilt irgendwie als echt, der andere als Retortenmannschaft – die beiden zugehörigen Häuseransammlungen noch nie aufgesucht zu haben gilt dagegen wohl kaum als Bildungslücke. Der jeweils anschaffende Konzern resp. Milliardär könnten ihr Geld ganz gewiss sinnvoller spielen lassen als zur Finanzierung von Clubs, die sich trotz ihrer munteren Begegnung nie in mythische Höhen emporschwingen werden, aber das wäre in einem freien Land wie dem unseren, man ahnt es schon, unnatürlich.
Schön war es aber schon, wie Stefan Kießling den Ball ins Tor purzelbaumte und sich danach noch nicht mal die Haare aus dem Gesicht strich. Eine hilflose Geste, die Schalker oder Stuttgarter Fans wahnsinnig machen muss, wenn die Herren Kuranyi und Gomez nach mal wieder gescheiterten Torversuchen als Erstes ihre Frisur in den Griff zu bekommen versuchen. Aber eine milde Spätsommersonne schien auf sie alle an diesem 3. Spieltag, von Cottbus bis nach Gelsenkirchen: Die Natur ist manchmal eben doch besser als ihr Ruf.
AMBROS WAIBEL