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Die Lobby des Südens auf Wohnungssuche

■ Das Projekt eines „Hauses für Menschenrechte“ kommt nicht voran

Berlin. Mehr als ein Dutzend unabhängiger Dritte-Welt-Initiativen in Berlin suchen mit steigender Verzweiflung ein gemeinsames Dach über dem Kopf. Seit fast drei Jahren sind diese Gruppen auf der Suche nach einem Gebäude, um ein „Haus für Menschenrechte und Entwicklung“ zu gründen. Die Gruppen, zu denen aus dem Westen etwa die Aktion Sühnezeichen und der Weltfriedensdienst, aus dem Osten der BAOBAB-Infoladen oder das Berliner Büro von terre des hommes gehören, erfahren Unterstützung weniger durch konkrete Angebote, sondern hauptsächlich durch warme Worte. „Wir haben den Eindruck, daß die Verwaltungsmühlen nicht langsam, sondern gar nicht mahlen“, sagt Detlef Stüber von der „Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt“ (ASW).

Die Idee zu einem zentralen Haus für die Dritte-Welt-Arbeit entstand im Frühjahr 1990 unter DDR-Initiativen. Verhandlungen mit der Treuhand und mit der PDS über die Übertragung eines Gebäudes zogen sich in die Länge. Im Sommer 1991 übernahm der Finanzsenator von der Treuhand 101 Grundstücke aus dem PDS-Vermögen. Bei der Zuweisung dieser Gebäude wurden jedoch die Dritte-Welt-Gruppen nicht berücksichtigt. Dafür machte sich Wirtschaftssenator Meisner für das Projekt stark: Die Arbeit der Initiativen halte „den Blick frei für echte Not und wirkliche Hilfe“ und leiste einen Beitrag zur „Humanisierung des Lebens bei uns“. Danach verstummte Meisner. In seinem Haus ist auf Nachfrage nichts von einem „Haus für Menschenrechte und Entwicklung“ bekannt. Am 17. Dezember werden sich die Initiativen mit dem Wirtschaftssenator zu einem Gespräch treffen.

„Wenn nicht schnell etwas passiert, dann passiert gar nichts“, sagt Detlef Stüber. Und auch Hans-Joachim Döring vom INOKTA- Netzwerk blickt sorgenvoll in die Zukunft: „Ich kenne nicht eine Initiative aus dem Osten, die gesichert ist. Im Herbst 93 laufen einige Mietverträge aus, und niemand weiß, ob sie verlängert werden. Es ist eindeutig, daß beim Senat niemand was dagegen hat, wenn wir was finden, aber Hilfe kriegen wir keine – nicht einmal eine faire Absage.“ Den Organisatoren im Westen geht es nicht besser: ASW und Friedensdienste sind in ihren Räumen, die sich im Bundesbesitz befinden, jederzeit kündbar, wenn Bedarf an Büros in der Hauptstadtplanung besteht. Bis zum März müßte nach Angaben der Initiativen ein geeignetes Objekt erkennbar sein, um einen Umzug vorzubereiten.

Nach einem Nutzungskonzept der Initiativen soll ein „Haus für Menschenrechte und Entwicklung“ ein zentraler Anlaufpunkt für unabhängige Dritte-Welt-Arbeit sein. Gesucht wird ein Haus, in dem die bisher 13 Initiativen auf etwa 2.000 Quadratmetern Büro- und Veranstaltungsräume unterbringen könnten. Das gemeinsame Haus würde die Kommunikation und gegenseitige Unterstützung verbessern, doch es geht auch ums Geld: Mit den explodierenden Gewerbemieten in der Stadt können die Initiativen, die sich größtenteils aus Spenden finanzieren, nicht mehr mithalten. „Wir wollen ja Miete bezahlen, aber wir können uns 40 Mark pro Quadratmeter nicht leisten“, sagt Döring. Die Initiativen sind stolz darauf, daß möglichst viel Spendengeld direkt zu den Notleidenden geht; höhere Mieten hieße auch, mehr Geld für die Verwaltung auszugeben, und das in einer Zeit, wo für die Ost- Gruppen laut Hans-Joachim Döring die „Spendensituaton ausgesprochen hochkritisch ist“.

Zwischenzeitlich gab es Kontakt mit der Dritte-Welt-Stiftung „Umverteilen!“ wegen der Finanzierung eines Hauses, doch auch dort hielt man sich bedeckt. Grundsätzlich sei man offen für ein solches Projekt, so Torsten Damerau von der Stiftung, aber die Gruppen müßten erst ein konkretes Objekt vorlegen. Auch dann könne die Stiftung das Haus nicht in die Förderung aufnehmen, sondern müßte es als Anlage für das Stiftungsvermögen betrachten, aus dessen Zinsen wiederum die Projekte finanziert werden. Niedrige Mieten wären also nicht drin.

Wenn die Mietverträge auslaufen und die Initiativen auf der Straße sitzen, werden sie nach „sonstwo“ verschlagen, müssen Stellen abbauen und möglicherweise die Arbeit einstellen. „Dabei sind wir die Lobby des Südens im Norden“, sagt Döring, „wir verkaufen keine Regierungspolitik, sondern wollen eine Gegenöffentlichkeit vermitteln.“ Er fordert ein Umdenken in der Finanzvergabe im Berliner Haushalt: Während für die NRO (Nichtregierungsorganisationen) die Bezahlung der Miete zum existentiellen Problem zu werden droht, wird das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik vollständig von Berlin und dem Bund finanziert. Allein der Senat schießt 1991 etwa 1,4 Millionen Mark zu. Bernhard Pötter

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