Die Linke protestiert gegen Tagebaue in der Lausitz: "Wir müssen diesen Zug stoppen"
Der Linke-Politiker Wolfgang Neskovi über den Protest gegen den Plan, in Brandenburg neue Tagebaue zu errichten.
taz: Herr Neskovic, am Samstag wollen Sie gegen die Pläne Vattenfalls protestieren, in der Lausitz weiter Braunkohle zu fördern. Worum geht es Ihnen?
Wolfgang Neskovic: Es geht darum, die Menschen zu ermuntern, Widerstand zu leisten. Der frühere Ministerpräsident von Brandenburg, Manfred Stolpe, hat Mitte der 90er-Jahre gesagt, das Dorf Horno sei das letzte Dorf, das abgebaggert wird. Dass nun weitere Dörfer umgesiedelt werden sollen, ist ein klarer Bruch dieses SPD-Versprechens.
Unter dem Motto "Klimaschutz kennt keine Grenzen" ruft ein Bündnis aus Parteien und Initiativen zu einer Protestveranstaltung am Samstag um 15 Uhr in Groß Gastrose auf.
Das Dorf in der Lausitz ist von der Abbaggerung bedroht. Der Protest richtet sich gegen die Pläne des Energiekonzerns Vattenfall, in der Region zwei neue Tagebaue, Jänschwalde-Nord und Welzow-Süd II, anzulegen.
Sollte Vattenfall Erfolg haben, müssten insgesamt fünf Dörfer weichen und mehr als 2.000 Menschen umgesiedelt werden. Bis 2015 soll das Planverfahren abgeschlossen werden. giw
Wolfgang Neskovic ist 51 Jahre. Er war Richter am Bundesgerichtshof und ist 2009 für die Linke per Direktmandat in seinem Wahlkreis Cottbus-Spree-Neiße in den Bundestag gewählt worden.
Wie viel Mitstreiter erwarten Sie am Samstag?
Das ist ganz schwer zu sagen. Es gibt viel politische Apathie, weil die meisten Menschen glauben, dass sie gegen Vattenfall und Platzeck nicht bestehen können. Die Hauptaufgabe wird sein, hier ein erstes Zeichen zu setzen. Ähnlich wie beim Bombodrom - wir lassen uns das nicht gefallen.
Wie ist denn die Stimmung in den Dörfern, die abgebaggert werden sollen?
Die Strategie von Vattenfall hat schon Erfolg. Die Menschen werden mit hohen Entschädigungssummen gelockt. Einige versprechen sich schönere Häuser, und andere wollen ihre Heimat nicht aufgeben. Ein Betroffener hat gesagt: Der Riss geht durch die Familien. Das Perfide an dieser Situation ist, dass Unfrieden durch die Geld- und Verlockungspolitik gestiftet wird.
Der Unfrieden zerreißt auch Ihre Partei, die Linke, die nun in Brandenburg mit der SPD die Regierung bildet.
Das ist richtig. Der Landesverband ist nach wie vor gegen die Umsiedlung von Dörfern, hat es aber nicht vermocht, diese Position im Koalitionsvertrag zu verankern. Trotzdem gilt es, davon keine Abstriche zu machen. Wir müssen uns mit dieser Position auch in der Regierung durchsetzen.
Wer unterstützt Ihren Protest in der Region?
Wir haben ein breites Bündnis vom CDU-Ortsverein bis hin zu Kirchengruppen und allen Umweltverbänden. Auch die polnischen Nachbarn unterstützen uns. Dort wurden mit einer Volksabstimmung die Pläne von Vattenfall, neue Tagebaue zu schaffen, verhindert. Diese Unterstützung ist ein Zeichen europäischer Solidarität und sollte auch den Menschen in unserer Region Mut machen.
Polen setzt nun statt auf Braunkohle auf Atomkraft.
Für Brandenburg gibt es ganz klar eine andere Lösung: erneuerbare Energien. Brandenburg ist ohnehin darin Vorreiter, und dieser Weg muss konsequent fortgesetzt werden. Wir wollen ja auch nicht sofort aus der Braunkohleförderung austreten, sondern sozialverträglich. Die Tagebaue reichen bis 2040 - aber spätestens dann muss Schluss sein.
Wie wollen Sie nach dieser Protestveranstaltung weiter Druck machen?
Es werden jeden Tag Entscheidungen getroffen und Gutachten eingeholt. Unsere Aufgabe ist es, diesen Zug zu stoppen.Wir werden genau untersuchen, wie wir politisch und juristisch gegenhalten können. Ich werde jedenfalls versuchen, meinen juristischen Sachverstand als Bundesrichter voll zur Geltung zu bringen. Beim Bombodrom ist es die Hartnäckigkeit, aber auch der juristische Widerstand gewesen, der letztlich Erfolg gebracht hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!