Die Linke im Parlament (II): Ganz brav gestrandet
Nach knapp einem Jahr ist die Hamburger Linksfraktion im realpolitischen Bürgerschafts-Prozedere angekommen. Biedere Sacharbeit gilt ihr inzwischen mehr als spektakuläre Aktionen, kleine Anfragen mehr als große Auftritte.
Der Start geriet holprig. Als der Neu-Abgeordnete Mehmet Yildiz die Abgeordneten aller Parteien im April 2008 mit "Liebe Genossinnen und Genossen" begrüßte, wurde das noch mit allgemeinem Gelächter quittiert. Dass seine Fraktionskollegin Christiane Schneider kurz darauf aber den Dalai Lama mit dem Ayatollah Chomeni verglich, sorgte für einen Eklat. Ein Trommelfeuer der anderen Parteien und der Medien ging auf Schneider und ihre Fraktion nieder.
Zehn Monate später kommt Mehmet Yildiz das Wort "Genosse" im Rathaus nicht mehr über die Lippen - und Christiane Schneider meidet historische Vergleiche. Nahezu humor- aber auch skandalfrei ist die achtköpfige Linksparteifraktion im Parlamentarismus angekommen.
Brav, beharrlich, ja fast bieder verrichtet sie ihre Oppositionsarbeit - und hat inzwischen Anerkennung gewonnen bei Schwarzen, Grünen und Sozialdemokraten, die die Linke anfangs nur als Fremdkörper empfanden und genauso behandelte.
"Die Linkspartei ist in Hamburg zur Opposition geworden", betont ein grüner Abgeordneter und fügt hinzu: "Sie erinnern mich manchmal an die Anfänge unserer Partei." Tatsächlich ist die Linkspartei im Begriff, einer permanent schwächelnden SPD in Hamburg den Rang abzulaufen. Und im Kurt-Schumacher-Haus, der Hamburger SPD-Zentrale, denkt man inzwischen ganz offen über zukünftige rot-rote Regierungsbündnisse nach, die die Partei noch vor einem Jahr kategorisch ausschloss.
Doch anders als die GAL der achtziger Jahre verzichten die mit 6,4 Prozent der Wählerstimmen ausgestatteten Linken konsequent auf Klamauk und spektakuläre Aktionen. Nahm der frühere grüne Frontmann Thomas Ebermann schon mal ein winterliches Bad in der Elbe, um für Aufmerksamkeit zu sorgen und ließ die GAL-Fraktion aus Protest gegen eine Diätenerhöhung schon mal Säcke falscher Geldscheine vom Balkon der Bürgerschaft regnen, setzt die Linksfraktion konsequent auf parlamentarische Kleinarbeit, abseits großer Medienauftritte. Kein Thema, zu dem sie nicht Stellung bezieht: 194 kleine Anfragen, 75 Anträge und rund 330 Presseerklärungen hat die Fraktion innerhalb der vergangenen elf Monate verfasst. Bienenfleißig wühlt sie sich inzwischen kleinteilig durch das Thementableau des bürgerlichen Parlamentarismus.
Auch wenn ihre Anträge stets abgelehnt werden, kann die Fraktion einige kleinere Erfolge verbuchen: Ihre Arbeit trug dazu bei, Pläne über eine mögliche Verlagerung der Universität publik zu machen, aber auch die Praxis zu stoppen, dass jeder beantragte Info-Stand von den Bezirken an den Verfassungsschutz gemeldet wird.
Für Fraktionschefin Dora Heyenn sind das "beachtliche Erfolge innerhalb kurzer Zeit". Die Wähler aber honorieren diese Aktivitäten nur halbherzig: Jüngsten Umfragen zufolge liegt die Linke genau dort, wo sie vor einem Jahr stand: Zwischen sechs und sieben Prozent.
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