: Die Lehrer-Blase
Während die Gewerkschaft GEW eine Lehrer-Unterversorgung der schleswig-holsteinischen Schullandschaft heraufziehen sieht, findet das Bildungsministerium die Lage halb so schlimm und verweist auf sinkende Schülerzahlen
Die Schulreform in Schleswig-Holstein ist von den Eltern unerwartet gut angenommen worden. Gleich 45 Gemeinschaftsschulen und 29 Regionalschulen gehen im Herbst an den Start. Doch dieser Boom bringt Probleme. Weil die neuen 5. Klassen, in denen die Kinder individuell gefördert werden, bis zu zehn Stunden mehr Unterricht pro Woche bekommen, fehlen die Lehrerstunden anderswo. Das berichten die Oppositionsparteien und Lehrergewerkschaft GEW.
Von einer „Lücke bei den noch bestehenden Haupt- und Realschulen“ spricht GEW-Landesgeschäftsführer Bernd Schauer. Es seien Fälle bekannt, wo Förderunterricht für Hauptschüler gekürzt wird, was „aberwitzig“ sei. Und die Lübeker Nachrichten zitierten in dieser Woche Grundschulleiter, die bereits Eltern einplanen, um den Unterricht abzudecken. Den FDP-Politiker Ekkehard Klug wundert das nicht. Hat er doch errechnet, dass es für alle Grund-, Haupt-, Regional- und Gemeinschaftsschulen zusammen künftig sogar 278 Lehrer weniger gibt als im Vorjahr. „Und das bei steigendem Bedarf.“
Zwar sank an all diesen Schulen die Kinderzahl um etwa 8.000. Trotzdem ist auch der Grünen-Schulpolitiker Karl-Martin Hentschel überzeugt, dass schon in diesem Jahr 50 neue Stellen nötig sind, um „den neuen Schulen eine Chance zu geben“. Bis 2014 müssten es dann jährlich noch mal 150 sein. Hentschel vergleicht den Schüler-Lehrerschlüssel und rechnet vor, dass Regionalschul- und Gemeinschaftsschulstandorte mit je 21,57 und 20,08 Kindern pro Lehrer viel schlechter dran seien als die Gymnasien mit 18,76 Kindern pro Lehrer. „Das reicht nicht, um den Unterricht zu organisieren“.
Bereits im Mai hatte die Grünen deshalb 50 Lehrerstellen beantragt. Die Schwarz-rote Regierung lehnte das ab, um dann aber kurz darauf in ihren „Eckpunkten für den Haushalt 2009/2010“ selber eine Aufstockung um je 150 Stellen anzukündigen. Nur hilft dies nicht mehr in diesem Jahr. Außerdem geht etwa die Hälfte der Stellen an die Gymnasien.
Die Schulen würden „so versorgt, wie es sein soll“, sagt dagegen der Sprecher des Bildungsministeriums, Sven Runde. Weniger Stunden gebe es nur an Standorten, die zu kleine Klassen haben. Auch gebe es künftig Spielraum, weil der Schülerrückgang in Schleswig-Holstein bis 2010 4.200 Lehrerstellen überflüssig mache. 1.300 Stellen sollen nicht gestrichen, sondern für Verbesserungen genutzt werden.
Im Bildungsministerium wertet man dies als Erfolg. Die GEW nennt indes die Streichung der übrigen 2900 Stellen „eine Katastrophe“. KAIJA KUTTER