Die Kosten des Klimawandels: Hoffentlich klimaversichert
Eine Studie der Allianz und des WWF warnt vor Milliardenschäden, wenn Kipppunkte erreicht werden. Versicherungen müssten sich auf hohe Risiken einstellen.
Irgendwann kommt der "Point of no return": Wenn beim Klima die so genannten "Kipp-Punkte" erreicht sind, können sich gegenseitig multiplizierende Entwicklungen in Gang gesetzt werden, die praktisch nicht zu stoppen sind.
Beispiel für einen solchen "Kipp-Punkt" – englisch "Tipping Point" – ist das Abschmelzen der Polkappen: Aufgrund der größeren dunklen Meeresfläche, die mehr Wärme aufnimmt als die Eisfläche, würde sich die Erderwärmung selbst verstärken. Bereits vor 2050 könnte der Meeresspiegel um einen halben Meter ansteigen.
Viele Regionen der Welt könnten dann schon vor 2050 mit weitaus schwerwiegenderen sozialen und ökonomischen Auswirkungen zu kämpfen haben als bislang gedacht. Dies hat eine gemeinsame Studie der Umweltstiftung WWF und des Finanzdienstleisters Allianz SE ergeben, die am Montag in München vorgestellt wurde. Vor allem die Versicherungsbranche müsse sich auf die Risiken einstellen.
Denn Klimafolgen sind teuer: Millionen Menschen und ihre Vermögenswerte wären betroffen, wenn "Tipping Points" wie das Abschmelzen der Polkappen überschritten werden. Bereits innerhalb von Jahrzehnten könnte etwa das arktische Sommereis komplett abgeschmolzen sein.
Betroffen wären davon insbesondere Küstenstädte, für die Stürme und Fluten verheerende Auswirkungen haben: Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Abschmelzen der Polarkappen allein in den 136 Küstenstädten mit mehr als einer Million Einwohner Vermögenswerte von mehr als 28 Billionen US-Dollar gefährden würde.
Allein an der Nordostküste der USA werden demnach die gefährdeten Werte bis Mitte des Jahrhunderts von heute 1,35 Milliarden auf dann 7,4 Milliarden US-Dollar ansteigen. 1 Milliarde US-Dollar "kostet" demnach ein Hurrikan der Stärke 4 im Großraum New York heute, im Jahr 2050 könnte der Schadenswert bereits bei 5 Milliarden US-Dollar liegen.
Aus den Erfahrungen von Großschäden wie durch Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 habe die Versicherungsindustrie bereits lernen können, sagt Michael Bruch von Allianz Global Corporate und Specialty, dem Industrieversicherer der Allianz-Gruppe. Künftig müssten jedoch die teils nur schwer vorhersehbaren Rückkoppelungseffekte durch die Kipppunkte stärker berücksichtigt werden.
Schäden in Milliardenhöhe werden der Studie zufolge nicht nur der Anstieg des Meeresspiegels, sondern auch die Beeinflussung natürlicher Wasserkreisläufe verursachen. Durch die Verschiebung des Sommermonsuns in Indien etwa könnten Jahrzehnt für Jahrzehnt Schäden in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar entstehen. Zunehmende Dürre gefährdet dabei die Lebensgrundlage von mehr als 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Indien, die von der Landwirtschaft abhängig sind.
Ein verstärktes Risikopotenzial besteht auch in den Brennpunkten Kalifornien und Südeuropa: Spätestens ab Mitte des Jahrhunderts werde extreme Trockenheit die Landwirtschaft und Wasserversorgung beeinträchtigen, warnt die Studie. Hinzu kämen teure Schäden durch Waldbrände.
"Versicherer müssen Kunden auf diese Szenarien vorbereiten, solange noch Handlungsspielräume bestehen", sagt Clemens von Weichs, Vorstandsvorsitzender der Allianz Reinsurance. Damit diese Handlungsspielräume erhalten bleiben, dürfe die Erderwärmung 2 Grad nicht überschreiten.
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