hamburger szene : Die Kappen der Anderen
In seinem Fall sitzt die Baseball-Kappe leicht schief auf dem Kopf, mit dem Schirm schräg in Richtung Decke gewandt. So steht er in der Aula der Musikhochschule auf der Bühne, die Gitarre vor dem mächtigen Bauch und den Blick geheftet auf das Mädchen, das neben ihm ihn einer schwarzen Strumpfhose zum weißen Shirt Nena-mäßig über die Bühne hopst.
Es ist das Abschlusskonzert des Popkurses an der Musikhochschule und das bedeutet: Hier sind lauter junge Musiker, die etwas vorhaben. Erst haben sie eine Aufnahmeprüfung bestanden, dann haben sie sechs Wochen zusammengeprobt. An diesem Abend präsentieren sie die Ergebnisse.
Und sie haben sich alle in Schale geworfen, jeder auf seine Weise und doch geprägt von der Kleiderordnung der Szene. Die wiederum definiert sich hier sehr stark über die Kopfbedeckung: Es gibt Baseball-Caps in allen Varianten, Schlägermützen, Kopftücher und Al-Capone-Hüte – der unbedeckte Kopf ist die Ausnahme.
Die Performance, das wissen sie hier alle, ist ein wesentlicher Teil des Geschäfts. Auch der Gitarrist mit dem massigen Körper weiß das, und doch ist etwas anders an ihm: Er hat die Welt um ihn herum vergessen, wie er da in seine Gitarre drischt und die Hopse-Sängerin anstarrt. Er spielt gerade Rockgitarre und nichts anderes. Mitten im Song fällt ihm beim Abgehen die Mütze vom Kopf. In seinem Fall müsste es bitte auch ohne Mütze etwas werden. KLAUS IRLER