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■ Die Grünen: Koalition oder Opposition?Viel Spaß mit Stoiber!

betr.: „Die Blockierer“ von Bettina Gaus, taz vom 10. 5. 02

Immerhin erkennt Bettina Gaus an, dass die Grünen in der Regierung viel erreicht haben. Die Folgerungen, die sie daraus zieht, sind allerdings mehr als seltsam. Wenn sie den Grünen die alte Verratsleier unter die Nase reibt, muss man sich schon fragen, ob manche der politischen Vorstellungen, die die Grünen angeblich verraten haben, nicht einfach auch daran gescheitert sind, dass sie schlicht und einfach falsch waren.

Wenn man regieren will, reicht es eben nicht, einen Haufen Forderungen aufzustellen, sondern man muss sich auch die Mühe machen, ein konsistentes zusammenhängendes Politikmodell zu entwickeln und dafür Mehrheiten zu finden. In der Verherrlichung von Attac und mancher SPD-Linker (was haben die eigentlich jemals erreicht?) zeigt sich deswegen auch eher der Mangel an Lernfähigkeit und die Unfähigkeit, eigene Positionen zu überprüfen, eine Haltung, die die Grünen glücklicherweise in den letzten Jahren abgelegt haben. Und deswegen bleibt, wenn man die politische Perspektive von Leuten wie Bettina Gaus zu Ende denkt, nichts als eine große Leere.

Organisationen wie Attac werden in einer Demokratie nur dann mehr erreichen als ein paar Fensterscheiben einzuschmeißen, wenn sie in den Parlamenten Ansprechpartner und Mehrheiten finden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder sie organisieren eine neue Partei, wobei sie dann früher oder später vor genau denselben Problemen stehen wie die Grünen, oder sie versuchen ihre Vorstellungen in bereits bestehende Parteien einzubringen. Wenn die Grünen nach der Wahl verschwinden, können sie das dann mal bei Dr. Edmund Stoiber und Guido Westerwelle versuchen. Ich wünsche viel Spaß dabei.

INGO MEHLING, Frankfurt/Main

Ein Herr Stoiber hat sich für die FPÖ-Regierungsbeteiligung stark gemacht, er ist ein Freund Berlusconis und bezeichnet Linke als „Elemente“. […] Ein Herr Stoiber ist eine Bedrohung für die Demokratie. Wer den Grünen Misserfolg gönnt, der oder die macht sich mitschuldig. Die Grünen sind auch nicht mitschuldig an einem Angriffskrieg. Der Einsatz in Afghanistan war die Antwort auf den 11. September. Man kann sich darüber streiten, ob die militärische Intervention damit gerechtfertigt ist, aber das Wort „Angriffskrieg“ ist nichts als Polemik. […]

UWE SAFIKA, Hückelhoven

Genau. Bettina Gaus hat es geschafft, meine Meinung so genau zu treffen, dass kaum mehr zu sagen ist. Einzig: Leute geht zur Wahl und wählt jemanden, der die Grünen zwingt, wieder zu debattieren. Nichtwählen oder Kleinstparteien wählen stärkt die größeren. Über ungültige Stimmen und niedrige Wahlbeteiligung wird einmal kurz Betroffenheit geheuchelt und dann geht’s weiter. Nur wenn die Grünen verdientermaßen aus Bundestag und Regierung fliegen, könnte sich da vielleicht was ändern, denn wir brauchen eine echte grüne Partei. Also PDS als Protestpartei (ohne sie zu mögen und langfristig zu wollen), da stimmt wenigstens die ungefähre Richtung und deren Zuwachs wird auch registriert.

THOMAS KELLER, Königswinter

Nicht nur „geistige Strömungen zu bündeln“, sondern selbst Diskurse und Prozesse zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte und ökologischer Zuspitzungen im hiesigen und globalen Kontext anzustiften, gehört zum Auftrag der Partei. Opportunismus, Fixierung auf Macht und Anpassung an die Normalität des Systems haben die intellektuelle Redlichkeit und gesellschaftliche Dialogfähigkeit aus der Partei herausgewaschen. Als Bündnispartner für Ökologie, Demokratie, Friedenspolitik und Menschenrechte in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika hat sie sich selbst disqualifiziert.

Wir bestehen vor allem auf „bessere Repräsentanten“ für eine intelligente und humane Konfliktbeilegung, die selbst jenseits der völkerrechtlichen Legitimität auf der kategorischen Ablehnung von Kriegsführung zur Konfliktlösung beruht.

HEINZ KOTTE, Köln

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