: Die EU sagt „Merhaba“
Die EU-Kommission empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Doch dies ist noch keine Garantie für eine Aufnahme, warnt Kommissionschef Prodi. Die Reformen müssten weitergehen
BRÜSSEL/BERLIN dpa/ap ■ Die Türkei hat gestern eine wesentliche Hürde für einen Beitritt zur Europäischen Union genommen. Die EU-Kommission sprach sich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aus. „Die Türkei hat spürbare Fortschritte in ihrem politischen Reformprozess gemacht“, heißt es in der Empfehlung an das EU-Parlament und den Europäischen Rat. „Die Türkei unternimmt große Anstrengungen, diese Reformen entsprechend umzusetzen. Dennoch müssen die Gesetze und die Maßnahmen zu deren Umsetzung weiter verfolgt und ausgeweitet werden.“ Dies erfordere eine „Politik der Nulltoleranz“ bei der Bekämpfung von Folter und Misshandlungen, die Umsetzung von Vorschriften zur Meinungs- und Religionsfreiheit, zu Frauen- und Gewerkschaftsrechten sowie zum Schutz von Minderheiten. Ungeachtet der positiven Empfehlung betonte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, dass der Beginn der Gespräche keine Beitrittsgarantie bedeute.
Ein Datum für die Aufnahme von Verhandlungen wird in dem Kommissionsbericht nicht genannt. Auf dem Gipfel von Kopenhagen im Dezember 2002 hatten sich die Regierungschefs der EU-Länder darauf verständigt, dass die Verhandlungen bei einer positiven Entscheidung „ohne Verzug“ aufgenommen werden sollen. Auch ein Datum für ein Ende der Gespräche nennt die Kommission nicht. In dem Bericht heißt es aber, die notwendigen Vorbereitungen für einen Beitritt würden bis zum nächsten Jahrzehnt dauern.
Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer begrüßten den Bericht und kündigten an, dass die Bundesregierung beim EU-Gipfel im Dezember für die Aufnahme von Verhandlungen stimmen werde. Fischer bezeichnete den Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren als realistisch. Den Besorgnissen der Kritiker habe die EU-Kommission mit einer Suspendierungsklausel, dem Zeitrahmen und der Offenheit des Prozesses Rechnung getragen.
Auch Griechenland begrüßte die Empfehlung der EU-Kommission. „Wir glauben, dass eine europäische Türkei nicht nur gut für ihr Volk, sondern auch im Interesse der Stabilität, der Sicherheit und des Wohlstands unserer Region sein wird“, erklärte der griechische Regierungssprecher. Der amtierende niederländische Ministerpräsident Gerrit Zalm bezeichnete den Bericht als gute Grundlage für die anstehende Entscheidung der EU-Regierungschefs.
brennpunkt SEITE 3