: Die Contra sichert den Krieg
■ Solange in Managua die Sandinisten regieren, haben die USA kein Interesse an Frieden
Aus Managua Ralf Leonhard
In diesen Tagen sollen 70 auf der Eglin–Luftwaffenbasis im Bundesstaat Florida ausgebildete Contras zum baldigen Einsatz nach Honduras geflogen werden. Ein Auftakt zur erfolgreichen Offensive oder letztes Aufgebot einer geschlagenen Armee? Die antikommunistischen Kämpen müssen in den USA trainiert werden, da sich selbst die Satelliten Washingtons in Zentralamerika nicht mehr die Finger verbrennen wollen. Keiner glaubt mehr an einen Erfolg der Konterrevolutionäre gegen die immer besser trainierte und ausgerüstete sandinistische Armee. Und in Honduras, wo die Contras einen breiten Streifen entlang der Grenze mit Beschlag belegt haben, fürchtet man, daß diese bald zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit werden könnten, wenn sie von Washington nicht mehr finanziert werden. Das Verbot „irreguläre Truppen“ zu fördern ist einer der zentralen Punkte des Plans der Contadora–Staaten (Mexiko, Panama, Venezuela, Kolumbien), die sich um die Vermittlung eines Friedens für Mittelamerika bemühen. Bisher sind die Contadora–Staaten immer am Widerstand Washingtons gescheitert. Aber schon die Wiederbelebung der Initiative, die längst nicht mehr nur die Inter nur in dem außenpolitischen Vakuum denkbar, das entstanden ist, seit Reagan und sein Team in der Defensive sind. Daß die Ergebnisse der ersten jüngsten Contadora–Initiative äußerst mager sind, darf nicht überraschen. Denn an den Positionen der beteiligten Regierungen hat sich nichts geändert: auf der einen Seite Nicaragua, das zu allen Garantien bereit ist, wenn sich Washington einmal aus der Region zurückzieht, und auf der anderen die „Tegucigalpa–Gruppe, die mit der Beseitigung der Sandinisten den Frieden in Zentralamerika einkehren sieht. Costa Ricas Präsident Oscar Arias hat unter dem Druck der Contadora zumindest wieder ein Lippenbekenntnis zur Globallösung abgelegt und weigert sich konsequent, den Contras wieder Operationsbasen zur Verfügung zu stellen. Er ließ sogar demonstrativ eine Landepiste im Norden stillegen, die US–Botschafter Lewis Tambs für Reagans Schützlinge in Auftrag gegeben hatte. Tambs wurde plötzlich abberufen, als die Umstände der Affaire bekannt wurden. Arias verweigert auch der von ehemaligen Kommandanten der Contra gegründeten „Gruppe Condor“ seine Unterstützung für den Aufbau einer Südfront. Die Regierung in Tegucigalpa macht sich schon lange Sorgen wegen der zunehmenden Klagen über die Contras, die ein „Neues Nicaragua“ in Honduras geschaffen haben, statt in Nicaragua zu kämpfen. In Managua kennt man diese Probleme und daher hat Präsident Ortega in einer weihnachtlichen Botschaft an seinen honduranischen Amtskollegen Jose Azcona zur gemeinsamen Bewältigung der Lage eingeladen. „Nicaragua“, so heißt es wörtlich in dem Brief, „ist bereit, die in konterrevolutionäre Aktivitäten verwickelten nicaraguanischen Staatsbürger, die freiwillig vom Amnestiegesetz Gebrauch machen, mit allen rechtlichen Garantien aufzunehmen“. Die Amnestierten sollen zu ihren Familien zurückkehren und ehrliche Arbeit suchen dürfen. Außerdem bietet Ortega an, gemeinsam mit der honduranischen Regierung für diejenigen, die die Amnestie ausschlagen, in Drittländern um Aufnahme zu bitten. Das Angebot gilt auch für die Flüchtlinge, von denen über 10.000 bereits zurückgekehrt sein sollen. Die Offerte des nicaraguanischen Präsidenten muß attraktiv sein für die geflüchtete Zivilbevölkerung, die im Grenzgebiet zwischen den Fronten lebt und der Contra als Rekrutierungspotential dient. Aber auch das mehrheitlich aus Campesinos zusammengewürfelte Fußvolk der Rebellenarmee, das bei den jüngsten Einsätzen die Kampfkraft der Sandinisten kennengelernt hat, könnte diese Chance für eine straflose Rückkehr wahrnehmen. Vergangene Woche legte Jimmy Emery Hodgson, einer der wichtigsten Comandantes der Miskito–Guerilla KISAN, die Waffen nieder. Hodgson, ein Mann der ersten Stunde, der seinerzeit gemeinsam mit Brooklyn Rivera und Steadman Fagoth die Indio–Organisation MISURASATA gegründet hatte, erklärte gegenüber dem Innenministerium, daß die meisten der rund 28.000 Miskito–Flüchtlinge in Honduras grundsätzlich rückkehrwillig seien. All dies heißt noch nicht, daß die Aggressionspolitik gegen das Revolutionsregime in Managua in den nächsten Monaten zusammenbrechen wird. Aber wenn die Contra– Karte nicht mehr sticht, wird sich Reagan etwas Neues einfallen lassen müssen. Und das bedeutet zunächst einmal etwas Luft für die Sandinisten.
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