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■ Die CDU hat eine lebendige Ost-West-Debatte am HalsSchwere Artillerie

Auch in der CDU geht's manchmal zu wie im richtigen Leben. Vor einer Woche bearbeitete Feldwebel Peter Hintze die zwei aufmüpfigen Strategiepapiere aus der Ost-CDU noch mit schwerer Artillerie. „Wir haben in den letzten Jahren ein gigantisches Aufbauprogramm Ost geschaffen“, antwortete er knapp. „Defizite kann ich beim besten Willen nicht erkennen.“ Die Verfasser der Papiere, Eckhardt Rehberg und Paul Krüger, fühlten sich von soviel militärischer Schlichtheit herausgefordert und stänkerten zurück. So hat die Bonner CDU jetzt genau das am Hals, was sie gerade verhindern wollte: eine schöne, lebendige Ost-West-Debatte. Und das in der Partei der deutschen Einheit. Da kann man dem CDU-Generalsekretär zu seinen taktischen Fähigkeiten nur gratulieren.

Wolfgang Schäuble, sonst fürs Strategische zuständig, hat das erkannt und eine andere Taktik gewählt. Der gesellschaftlichen Analyse des Rehberg-Papiers ist „im Prinzip nur schwer zu widersprechen“, schrieb er in der FAZ, dem Zentralorgan der Partei. Die CDU im Westen sollte für die Probleme der CDU im Osten „hier und da etwas mehr Verständnis haben“. Aber bei allen Schwierigkeiten – die CDU sei „in allen Gremien der Fraktion im Gespräch gut vorangekommen“. Schäuble merkt nicht, daß diese onkelhafte Gönnerhaftigkeit, die sich als Verständnis tarnt, ebenso Teil des Problems ist wie der Allmachtsanspruch des Generalsekretärs.

Den Aufmüpfigen in der Ost-CDU geht es in erster Linie genau darum: Sie wollen mit Blick auf den Osten ein eigenständiges Profil und eine Partei, die die Leute und ihre Probleme ernst nimmt, die mehr Fragen stellt als platte Antworten gibt, die die ostdeutschen Parteimitglieder ihren eigenen Politikstil entwickeln läßt, kurz, die den Eindruck korrigiert, die gesamte CDU sei eine einzige ostfreie Zone. Es ist doch nicht so, daß die Ost-CDU das „gigantische Aufbauprogramm Ost“ ihres Kanzlers nicht zu würdigen weiß, so opportunistisch ist sie schon noch.

Und weil sie das auch all die Jahre vorher war, kann man absehen, wie die Kraftprobe in der Partei ausgehen wird. In diversen Arbeitskreisen werden mit den ostdeutschen CDU-Mitgliedern verständnisvolle Gespräche geführt, und danach wird wieder richtig Politik gemacht: Helmut Kohl regiert, er verhindert, daß sein Laden im Konrad-Adenauer-Haus auseinanderfliegt, und er bringt die Ost-CDU auf Linie, wenn demnächst ein beträchtlicher Teil der sogenannten DDR-Altschulden auf die ostdeutschen Kommunen abgewälzt wird. Wer zu lange im Arsch des Kanzlers sitzt, dem geht eben kein Licht mehr auf. Jens König

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