piwik no script img

Die C64-GenerationNostalgie vor dem Rechner

Dank Emulatoren können sich Computerfreaks ihre Jugend zurückholen: Nahezu alle alten Systeme sind inzwischen für PC, Mac oder Smartphone zu haben.

In der 80er Jahren war der Commodore 64 ein Verkaufshit - Jugendliche probieren im Mai 1985 den Computer in einem Nürnberger Kaufhaus aus. Bild: dpa

Man nennt sie auch "Generation C64": Menschen, die Mitte der Achtzigerjahre jung waren und damals mit eben jenem legendären Heimcomputer erste informationstechnische Erfahrungen sammeln konnten. Obwohl sie heute über Hardware verfügen, die die Rechenleistung von Großrechnern jener Jahre um Längen schlagen und realistische 3D-Bilder auf den Bildschirm zaubern können, bekommt diese Zielgruppe warme Gefühle im Bauch, wenn sie Software jener Zeit zu Gesicht bekommt.

Dann erinnert man sich schnell an Titel wie "Bruce Lee" oder "Winter Games", "Great Giana Sisters" oder "Impossible Mission". All diese Spiele lassen sich auch heute noch problemlos auf jeden PC oder Mac holen. Das Zauberwort lautet dabei Emulatoren: Programme, die die einstigen Computerzwerge perfekt auf der heute viel schnelleren Hardware in Software nachbilden.

Im Netz gibt es zahllose Treffpunkte, wo man solche Programme beziehen kann. Open-Source-Projekte wie MAME versuchen sogar, gleich zahlreiche Systeme zu emulieren. Dabei übernimmt die PC-Tastatur die Steuerung oder man besorgt sich einen per USB anschließbaren Joystick alter Schule.

Nicht unproblematisch ist dabei allerdings die rechtliche Lage. So sind auch 25 Jahre alte Systeme mitsamt ihrer Software möglicherweise noch urheberrechtlich geschützt, weil die einstigen Herstellerfirmen in der ein oder anderen Form bis heute weiter existieren. Viele Emulatoren-Entwickler versuchen, diese Problematik dann gegebenenfalls zu umgehen.

So gibt es beispielsweise Programme, die legendäre Rechner zwar perfekt nachahmen können, aber standardmäßig ohne die zum Funktionieren notwendigen alten System-Software-Dateien (ROMs und Firmware) angeboten werden, auf denen noch ein Copyright liegt. Der Nutzer wird dann dazu genötigt, sich diese selbst aus dem Internet zu besorgen, was ihm durchaus rechtliche Probleme einbringen könnte. Daher ist es womöglich besser, sich einen offiziellen Emulator zu kaufen, der über entsprechende Lizenzen verfügt - selbst wenn der dann womöglich weniger Funktionen hat als freie Open-Source-Programme.

Das Thema dürfte in den nächsten Jahren akuter denn je werden, falls die Rechtsabteilungen beginnen, die Emulatorenszene zu entdecken. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht, erkennen doch insbesondere die lange im Geschäft befindlichen Spielehersteller, dass sich die Neuauflage ihrer alten Games lohnt. Zu den besonders aktiven gehören große japanische Namen wie Konami, Sega, Namco oder Taito. So hat Taito, das inzwischen zum Spieleriesen Square Enix gehört, berühmte Titel wie "Arkanoid" wiederbelebt, während Konami "Frogger" und Sega "Columns" für verschiedene Plattformen verkauft. Das Geschäft hat Gewicht: So geht beispielsweise der Markenbesitzer des Klassikers "Tetris" auch heute noch gegen Konkurrenten vor, deren Name zu Verwechslungen führen könnte.

Besonders gut läuft das Geschäft mit den wiederbelebten Spieleklassikern auf Apples iPhone, da sich dort Games sehr einfach über den eingebauten Software-Laden verkaufen lassen. Inzwischen wurde über die Plattform auch ein offiziell lizenzierter C64-Emulator angeboten sowie einer für das alte europäisch-japanische Heimcomputersystem MSX.

Die Hersteller müssen dabei allerdings aufpassen, Apple nicht auf die Füße zu treten: Der iPhone-Hersteller verbietet unter anderem direkt ausführbaren Programmcode. Das führte im Fall des C64-Emulators dazu, dass dieser so geändert werden musste, dass das alte BASIC nicht mehr ausführbar war; aktuell befindet sich die neue Version bei Apple in der Endkontrolle.

Aus diesem Grund gehen viele Hersteller inzwischen dazu über, einfach direkt alte Spiele auf der Plattform anzubieten. Adventure-Titel wie "Myst", "Monkey Island" oder "Simon The Sorcerer" feiern auf dem Handy, das technisch problemlos damit zu recht kommt, fröhliche Urständ. Dabei werden für diese Titel häufig auch mehr Euros verlangt, als für "normale" iPhone-Spiele - statt der sonst oft üblichen 79 Cent gerne vier Euro und mehr. Verkauft werden die Games trotzdem gut.

Emulatoren gibt es nicht zu letzt auch für neuere Systeme wie Sony Playstation oder Nintendo 64, selbst aktuelle Generationen wie die Wii werden bereits in Software nachgebildet. Da das zumeist nicht im Interesse der Hersteller ist, kommt es hier häufiger zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Auch hier gilt, dass die Hersteller das Geschäft mit den Emulatoren selbst übernehmen würden: So verkauft etwa Nintendo in seinem Wii-Store selbst alte Titel, während Microsoft über seine Plattform Xbox Live auf der Xbox 360 alte Xbox-Vollversionen absetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!