Die Bundesregierung und die PKK: Verbote, Verbote, Verbote
Was meint die PKK, wenn sie Deutschland eine feindliche Politik gegen die Kurden und die PKK vorwirft?
"Wir hegen keine Feindseligkeit gegen das deutsche Volk", heißt es in der Erklärung der PKK. Für Groll gegen den deutschen Staat hätte sie schon Gründe: Im November 1993 wurde die PKK vom damaligen Innenminister Manfred Kanther verboten; danach wurden immer wieder Vereine aufgelöst. Im September 2005 folgte das Verbot der Tageszeitung Özgür Politika. Am 19. Juni schließlich verhängte das Bundesinnenministerium ein Betätigungsverbot gegen die Wuppertaler Firma Viko Fernsehproduktion und den Sender Roj TV. Der Sender diene als "Sprachrohr" der PKK und fördere "in nachhaltiger Weise" deren Fortbestand, hieß es zur Begründung.
Die Tätigkeit von Roj TV unterbinden konnte man damit freilich nicht, weil der Hauptsitz sich in Dänemark befindet. Seit einigen Monaten sendet Roj TV rund um die Uhr; das über Satellit ausgestrahlte Programm besteht hauptsächlich aus der Pflege kurdischen Kulturguts und der ausführlichen Wiedergabe der Erklärungen von PKK-Funktionären. Als einziger kurdischsprachiger Sender genießt er auch bei Kurden Beliebtheit, die nicht der PKK nahestehen. Seit Jahren versucht die türkische Regierung, Dänemark zu einer Schließung von Roj TV zu bewegen. In der Vergangenheit waren solche Interventionen erfolgreich: 1999 verboten die britischen Behörden den Sender MED TV; 2004 wurde Medya in Frankreich verboten.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine kurdische Organisation ernsthaft glaubt, mit einer solchen inhumanen und sinnlosen Aktion den deutschen Staat erpressen zu können", meint der Autor und PKK-Dissident Selahattin Celik, der einst dem Zentralkomitee der Organisation angehörte. "Damit riskiert die Guerilla, alle Unterstützung und Sympathien in Deutschland zu verlieren."
Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht das ähnlich: "Die Bundesregierung lässt sich nicht erpressen", sagte er gestern. Der Krisenstab des Auswärtigen Amts arbeite mit Hochdruck an der Beendigung der Geiselnahme. Im Innenministerium wollte man sich dazu nicht äußern, ob durch die Entführung mit militanten Aktionen von PKK-Aktivisten in Deutschland zu rechnen ist.
DENIZ YÜCEL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?