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Die Branche bangtÖkostrom könnte teurer werden

Wind, Wasser, Biomasse: Die Pläne der EU, erneuerbare Energien einheitlich zu fördern, könnte sich kontraproduktiv auswirken und Ökostrom teurer machen.

Schöne, neue - und bald teue? - Ökowelt. Bild: dpa

BERLIN taz Strom aus erneuerbaren Energiequellen könnte bald deutlich teurer werden. Zumindest befürchten das die deutschen Vertreter der Branche und das Bundesumweltministerium. Anlass der Sorge sind Pläne der EU-Kommission, die ein einheitliches System zur Förderung von erneuerbaren Energien einführen will.

Dabei plant Brüssel einen Zertifikatehandel. Damit könnten Länder mit einem niedrigen Anteil an erneuerbaren Energien ihren Beitrag zu den vereinbarten Klimaschutzzielen der EU leisten, ohne selbst neue Windparks oder Solarkraftwerke zu bauen. Zugleich bestehe aber die Gefahr, dass dadurch das Ziel verfehlt wird, erklärt Oliver Schäfer vom europäischen Dachverband der Erneuerbaren-Energien-Branche.

Die EU-Staaten hatten sich im April dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2020 im Rahmen ihrer Klimaschutzpolitik 20 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Ressourcen zu gewinnen. Bei der jetzigen Förderung der einzelnen EU-Staaten lassen sich grundsätzlich zwei Modelle unterscheiden: Die Einspeisevergütung, wie sie in Deutschland oder Spanien praktiziert wird, garantiert den Betreibern von Wind-, Wasser- oder Biomassekraftwerken die Abnahme des produzierten Stroms zu festen Preisen. Anders das sogenannte Quoten-Modell, bei dem die Energieerzeuger verpflichtet sind, eine bestimmte Menge ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen zu generieren. Haben sie selber nicht genügend Produktionskapazitäten, können sie auch Zertifikate von Ökostromproduzenten erwerben, die dann die entsprechende Strommenge ins Netz einspeisen. Dieses Modell schwebt der EU-Kommission auch für alle Mitgliedstaaten vor.

Die Branche ist alarmiert. Der europäische Dachverband Erec befürchtet, dass einige Staaten nur daran interessiert sein werden, solche Zertifikate zu kaufen, aber nicht die heimische Produktion von erneuerbarer Energie auszubauen. Und auch der Bundesverband Erneuerbare Energien lehnt ein solches System ab. "Derartige Zertifikatesysteme haben bisher nirgends in Europa funktioniert", erklärte Geschäftsführer Milan Nitzschke.

Zudem erhöhten sie die Kosten für den Verbraucher. Denn weil das Angebot an Zertifika- ten knapp sein dürfte, werde ein deutscher Windparkbetreiber seine Zertifikate lieber mit hoher Rendite ins Ausland verkaufen, als Strom ins deutsche Netz einzuspeisen. Weil dann auch hier Zertifikate zugekauft werden müssten, würde der Preis für erneuerbare Energie insgesamt steigen.

Bereits jetzt zahle der Verbraucher in Großbritannien 13 Cent für eine Kilowattstunde Windstrom, in Deutschland nur 8 Cent. Sollte sich die EU mit ihren Vorstellungen durchsetzen, erwartet das Bundesumweltministerium vier Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr. "Wir sind beunruhigt und werden uns dafür einsetzen, dass die EU ein System entwickelt, das weiterhin beide Förderansätze ermöglicht", sagte ein Sprecher der taz. Am 5. Dezember will die EU ihren Gesetzesvorschlag vorlegen.

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1 Kommentar

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  • TK
    Thomas Kamer

    Die ganze Argumentation ist völlig unlogisch: Der Preis hängt, wie der Artikel selbst feststellt, von der Knappheit der Zertifikate ab. Das bedeutet letztendlich, daß sich am Preis nichts ändert, wenn man heutige Ökoanteile zugrunde legt.

    Und wenn man das nicht tut, so daß der Preis steigt, dann wird mehr in Ökoenergie investiert, der Preis sinkt wieder auf das Vorniveau, und der Ökoanteil hat sich erhöht. Ganz banale Ökonomie.

    Möglicherweise waren auch andere, spezielle Probleme gemeint, aber davon kündet lediglich ein orakelhaftes "... haben bisher nirgends in Europa funktioniert".