■ Die Bombardierung Beiruts dient innenpolitischem Kalkül: Wahlkampf auf israelisch
Der israelische Ministerpräsident Schimon Peres will sich offensichtlich nicht mehr damit begnügen, auf die nächste Hamas-Bombe in Jerusalem oder Tel Aviv zu warten. Aktiv schreitet er im Wahlkampf voran. Und da man in Israel immer noch am besten ankommt, wenn man die Muskeln spielen läßt, hat er seine Kampfhubschrauber diesmal spektakulär bis in die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut geschickt.
Das Prinzip ist an und für sich nicht neu. Wer immer in Israel sein Wahlvolk beeindrucken wollte, der ließ einfach kurzerhand den Süden des Libanon mit ein paar Artilleriesalven beschießen. Das Problem dabei: Die Methode hat sich über die Jahre etwas abgenutzt. Für die südlibanesischen Dorfbewohner mag das zwar ein alltäglich gelebter Alptraum sein, beim israelischen Wahlvolk ruft es aber inzwischen meist nur noch Gähnen hervor. Auch der unmittelbare Auslöser des Angriffs, Hisbollah-Raketen auf Nordisrael, war hausgemacht: Zuvor starb ein libanesischer Junge durch eine israelische Mine – außerhalb der von Israel beanspruchten „Sicherheitszone“ in Libanon.
Der Angriff auf Beirut, der erste seiner Art seit der israelischen Libanon-Invasion 1982, ist also geradezu konsequente Wahlkampfstrategie. Die Rechnung ist einfach: Jede Rakete, die in Beirut niedergeht, bringt Peres gegenüber seinem Konkurrenten, dem kalten Likud-Krieger Benjamin Netanjahu, ein halbes Prozent voran. Das Volk schreit nach Blut, und Peres liefert es frei Haus. Der Rauch in Beirut wird sich noch nicht gelegt haben, da werden sich die Meinungsforscher bereits wieder eifrig auf den Weg machen.
Was ist das für ein Friedensprozeß, in dem die Armee im operativen Einsatz immer noch als der wichtigste Wahlkampfhelfer dient? Wer den bombastischen Wahlkampf als eine Parabel für den Stand des Friedens im Nahen Osten betrachtet, der möge sich ein Bild davon machen, wo derzeit die Dinge stehen. Wahlstimmen und Unterstützung bekommt man halt immer noch leichter durch eine säbelrasselnde Kanonenbootpolitik als durch ein zähes langwieriges Verhandeln, dem am Ende womöglich tatsächliche Zugeständnisse folgen könnten. Oder anders kalkuliert: Je mehr tote libanesische Hisbollah-Kämpfer und verhaftete palästinensische Hamas-Aktivisten und je weniger israelische Opfer, um so größere Chancen als der Mann gewählt zu werden, der Israel ins nächste Jahrtausend führt. Karim El-Gawhary, Kairo
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