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■ Die BärenMit viel Gefühl

Oh, Jesus! Nach zwei Wochen voller Sex, Gewalt und Unterhaltung gewinnt ein christlicher Erweckungsfilm den Goldenen Bären der Berlinale. „Central do Brasil“ von dem brasilianischen Regisseur Walter Salles erzählt mit viel Gefühl und schlichten Bildern, wie ein kleiner Junge auf der Suche nach seinem Vater Freundschaft mit der ehemaligen Lehrerin Dora schließt. Dabei handelt die in die Jahre gekommene Frau aus schlechtem Gewissen, weil sie das Kind an eine Adoptionsstelle verkaufen wollte.

Was auf dem Hauptbahnhof Rio de Janeiros beginnt, entwickelt sich zum religiösen Roadmovie. Am Ziel entpuppt sich der vermißte Vater als reuiger Sünder, die Lehrerin läßt sich zu einem besseren Leben bekehren, und überhaupt haben alle beteiligten Figuren biblische Namen.

Weil Konversion und viele Tränen offenbar der Jury sehr gefallen haben, bekam „Central do Brasil“ auch noch den ökumenischen Filmpreis zuerkannt, und Fernanda Montenegro wurde für die Rolle der Dora der Silberne Bär als beste Darstellerin zugesprochen. Außerdem wurde Barry Levinsons Krieg-der-Medien- Satire „Wag the Dog“ mit dem Silbernen Film-Bären ausgezeichnet, Samuel Jackson erhielt als schlagfertiger Waffenhändler in Quentin Tarantinos „Jackie Brown“ Silber, ebenso Matt Damon für seine Darstellung eines psychisch gestörten Wunderknaben in Gus Van Sants „Good Will Hunting“.

Als bestem Regisseur wurde Neil Jordan für „The Butcher Boy“ der Silberne Bär verliehen, und Alain Resnais darf für seine Musical-Komödie „On connait la chanson“ mit einem Sibernen Bären für einen „herausragenden Beitrag zur Filmkunst“ nach Hause reisen.

Ganz anders als die offizielle Berlinale-Jury hat sich jedoch der internationale Filmkritiker-Verband entschieden: Sein Fipresci-Preis ging an Nobuhiko Obayashis „Sada“, ein Drama um japanische Konkubinen und Kastration. Im Forum wurde dagegen mit „In jenem Land“ von Lidija Bobrowa einer der dieses Jahr spärlichen russischen Filme mit dem Friedensfilmpreis ausgezeichnet, der Caligary-Preis ging an „Kasaba“, eine Dokumentation über das Leben in einer türkischen Kleinstadt, von Nuri Bilge Ceylan.

Besonders viel Beifall erhielt aber die Bekanntgabe des mit 20.000 Mark dotierten Wolfgang-Staudte-Preises an den Forums-Beitrag des Chinesen Jia Zhang Ke: Sein „Xiao Wu“ zeigt mit völlig unspektakulären Szenen, wie sich der Kapitalismus in der chinesischen Provinz auswirkt. Kleine Taschendiebe können dort mit Zigarettenschmugglern nicht mehr konkurrieren, am Ende bleibt nur die Flucht ins Karaoke- Singen. Der Preis ist für Jia Zhang Ke mehr als nur Anerkennung: Für die bescheidene Geldsumme kann er in China einen neuen Film finanzieren. Harald Fricke

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