: Die BGE-Lobby
Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle soll die Arbeitswelt von Grund auf kultivieren
■ Regelmäßige Treffen
Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat von 18 bis 21 Uhr, Restaurant Simla (Kellergewölbe), Knaackstr. 99.
■ Nächster Infostand
Am 29. 11. 2011 in der ufa Fabrik anlässlich eines Auftritts der Kabarettistin Anny Hartmann.
■ Im Netz
Jeden Monat 1.000 Euro bar auf die Hand für jeden erwachsenen Menschen. Kein Zweifel: Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine prima Sache. Trotzdem erregt der Gedanke daran, dass jeder, vom faulen Arbeitslosen bis zum fleißigen Werktätigen, gleich viel Geld im Portemonnaie haben soll, bei vielen Menschen Unbehagen. „Die sollen dasselbe kriegen wie wir, ohne dass sie was dafür tun?“, lautet die Frage, mit der SympathisantInnen des Grundeinkommens immer wieder konfrontiert werden.
Michael Fielsch hat sich dieser Frage anscheinend schon oft genug anhören müssen. Anders ist es nicht zu erklären, dass er angesichts solcher Engstirnigkeit nicht die Fassung verliert. „Die Leute haben eben nichts anderes gelernt. Wir leben nun mal in einer Leistungsgesellschaft“, winkt der Aktivist ab. Zumal es sich beim Grundeinkommen, wie der Name schon sagt, eben nur um eine Grundsicherung handelt. Wer mehr Wohlstand möchte, muss nach wie vor dafür arbeiten. Fielsch zumindest ist von den Vorteilen eines monatlichen und ausreichenden Existenzgeldes überzeugt.
Seitdem er im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 zum ersten Mal mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens konfrontiert wurde, engagiert er sich für dessen Einführung. Ende 2010 gründete er die Initiative „BGE-Lobby“. Diese ist ein loser Verbund von BGE-Akteuren und Initiativen, der seine einzige Aufgabe darin sieht, der Bevölkerung die Idee und die Vorteile des bedingungslosen Grundeinkommens nahezubringen.
Die BGE-Lobby ist sich sicher, dass das bedingungslose Grundeinkommen die Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme ist. Wenn alle die gleiche Summe Geld bekämen, könne niemand mehr aufgrund seines sozialen Status gesellschaftlich ausgegrenzt werden, lautet eine der vielen simpel wirkenden Gleichungen. Alle hätten genug Geld, sich eine Wohnung zu leisten und Bildung und wären materiell gleichgestellt.
Für die BGE-Lobby ist klar, dass dieser Ansatz nichts mit Sozialismus zu tun hat. Ganz im Gegenteil hätten die Menschen durch das Grundeinkommen mehr Freiheiten, sich persönlich zu entfalten. Man könne sich auf oft vernachlässigte Bereiche wie die Kunst konzentrieren oder sich die Zeit nehmen, anderen Leuten zu helfen. „Jeder hätte die Möglichkeit, das zu machen, worauf er Lust hat“, sagt Fielsch.
Die Leute, die trotzdem noch arbeiten gehen wollen, könnten das problemlos tun. In diesem Punkt sieht die BGE-Lobby das größte Missverständnis: Nur weil der Zwang zur Arbeit aufgehoben wurde, heiße das nicht, dass alle nur noch Bilder malen, musizieren oder anderweitig zu Hause faulenzen würden. Es bedeute nur, dass sich die Rollenverteilung auf dem Arbeitsmarkt ändern würde. Nicht mehr die ArbeitnehmerInnen müssten sich um einen Arbeitsplatz bewerben, sondern die ArbeitgeberInnen um ihre Arbeitskraft. Diese Verschiebung würde zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen, erhofft sich zumindest die BGE-Lobby.
Aus dieser Überzeugung heraus macht die Initiative Werbung für das Existenzgeld. Hierfür hat sie sich einige interessante Konzepte einfallen lassen. Im April rief sie die Berliner BGE-Therapiegruppe ins Leben. Zu den einzelnen Gesprächsrunden dieser Gruppe können Interessierte kommen und mit anderen über das bedingungslose Grundeinkommen diskutieren. Das Thema der jeweiligen Sitzung wird oft vorher bekannt gegeben. Die letzte hatte das Motto „Du bist doch selber schuld an deinem verkorksten Leben!“.
Ein ähnliches Diskussionsforum sollen die BGE-statt-Tupper-Partys darstellen, in deren Rahmen Fielsch und seine MitstreiterInnen auf Nachfrage gerne Haus-, Vereins und Betriebsbesuche machen.
Darüber hinaus betreibt die Initiative eine BGE-Info-Hotline und hat zwei Radiosendungen. Die eine wird jeden zweiten Dienstag im Monat auf dem Lokalsender „Alex – Offener Kanal Berlin“ ausgestrahlt, die andere jeden zweiten und vierten Sonntag von 16 bis 18 Uhr auf „Rockradio.de“. Die Sendung auf Rockradio.de wird live und öffentlich aus dem Artroom des Berliner Carrés am Alexanderplatz ausgestrahlt. Dort können und sollen das Publikum und die Sendegäste miteinander diskutieren.
Wer Interesse bekommen hat, die Initiative zu unterstützen, ist aufgerufen, zu den Treffen der BGE-Therapiegruppen zu kommen oder bei der Radiosendung im Artroom mitzudiskutieren. Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat trifft sich die BGE-Lobby in den Kellergewölben des Restaurants Simla in der Knaackstraße 99. Fielsch und seine MitstreiterInnen freuen sich über jeden, der vorbeikommt. „Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens kann nur aufgehen, wenn sich alle daran beteiligen“, appelliert Fielsch.
LUKAS DUBRO