Die Arbeitsmarktpolitik tut sich schwer: „Job-Offensive“ wenig offensiv
Das Jobcenter will sich um die Vermittlung von „arbeitsnahen Profilen“ besonders kümmern. In den ersten Monaten hat das keinen Erfolg gehabt.
BREMEN taz | Am Freitag hat der Haushaltsausschuss der Bremischen Bürgerschaft einen ernüchternden Bericht zur Kenntnis genommen: 882.000 Euro hatte das Gremium im vergangenen November bewilligt für zwei Jahre „Joboffensive“. 41 Stellen wurden beim Jobcenter zusätzlich besetzt, Arbeitslose sollen mit einer besonderen Anstrengung in Jobs vermittelt werden. Sozial- und Arbeitsressort legten 2012 eine Modellrechnung vor, nach der allein bis zum vergangenen Juni 496 zusätzliche Vermittlungserfolge zu erwarten wären, die Geldausgabe also rentabel sei wie eine Investition.
Nun musste die Sozialsenatorin einräumen: Nachweisbare Erfolge bis Juni waren gleich null, „sodass es zu keinen Einspareffekten gekommen ist“. Der Haushaltssausschuss nahm das gestern zur Kenntnis, der Senat soll im März 2014 berichten, ob das Ziel für das Jahr 2013 – insgesamt 1.167 zusätzliche Vermittlungen – erreicht worden ist.
Die Linksfraktion hatte schon im vergangenen November gegen die Finanzierung dieser Job-Offensive gestimmt, gestern forderte sie, das Projekt zu stoppen. Die CDU, die damals zugestimmt hatte, stimmte in die Kritik ein und kritisierte eine „dilettantischen Umsetzung“ des Projektes. Abbrechen will die CDU das Projekt aber derzeit nicht, sondern zunächst mit einer „großen Anfrage“ vom Senat die Hintergründe dafür erfahren, dass das Projekt bisher ein „Schuss in den Ofen“ gewesen sei.
Helmut Westkamp, der Leiter des Jobcenters, ist derweil optimistisch, dass er die Zielzahlen für das Jahr 2013 einigermaßen erreichen kann. Inzwischen entwickelten sich die Vermittlungsergebnisse positiv, meinte er gegenüber der taz, „ab Juli sind wir in die Puschen gekommen“. Genauere Zahlen hat er allerdings noch nicht.
Das Problem aus seiner Sicht: Das Projekt Job-Offensive habe eine Umorganisation der Arbeit des Jobcenters erfordert, das sei nicht so schnell in Gang gekommen. Zudem mussten neue MitarbeiterInnen angeworben und geschult werden. Vor allem aber sei bundesweit die Zahl der freien Stellen, die dem Jobcenter gemeldet werden, deutlich zurückgegangen, was die Vermittlungsarbeit generell erschwere.
Dass die Arbeit des Jobcenters mit diesem Projekt umorganisiert wurde, ist die wesentliche Kritik der Linksfraktion gewesen: Während bisher ein „Fallmanager“ des Jobcenters eine gemischte Klientel zu betreuen hatte, soll es nach der Neuorganisation zwei Gruppen geben: 7.700 Menschen, die das Jobcenter betreut, werden dort als „arbeitsnahe Profillagen“ betrachtet, also Menschen mit Berufsausbildung und ohne besondere Vermittlungshindernisse. Diese werden von den insgesamt 77 speziellen Kräften der Job-Offensive betreut werden.
Der Rest der MitarbeiterInnen des Jobcenters ist für den Rest zuständig. Die „arbeitsnahen Profillagen“ werden intensiver betreut, müssen öfter ins Amt kommen und berichten, davon verspricht sich das Jobcenter mehr Vermittlungserfolge. Einige hätten sich angesichts der größeren Betreuungsdichte auch abgemeldet beim Jobcenter, erklärte Westkamp, über die Motive wolle er nicht spekulieren.
Insgesamt 72.000 BremerInnen von den 556.000 Einwohnern der Stadt hat das Jobcenter, das auch die Rolle des Sozialamtes übernommen hat, in seiner Kartei. Dabei sind Menschen, die ergänzende Sozialleistungen bekommen, weil sie in ihrem Job zu wenig verdienen.
Darunter sind viele Kinder, aber auch Erwachsene, die nur Leistungsempfänger sind und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, psychische Kranke, Drogenabhängige, Langzeitarbeitslose oder Alleinerziehende. „Viele machen sich nicht klar, wie schwierig unsere Arbeit ist“, sagt Westkamp. Offenbar waren die Angestellten des Jobcenters auch nicht begeistert von der Aufteilung der „Fälle“, jedenfalls war die Umorganisation auch intern nicht einfach.
Unter normalen Umständen hat das Jobcenter in einem Jahr gut 10.000 Erfolge bei ihren Vermittlungsbemühungen, mit der neuen Struktur erwartet Westkamp eben entsprechend mehr. Im Grunde handelt es sich daher nicht um ein auf zwei Jahre befristetes „Projekt“, sondern um eine Strukturreform, die mit eine Zuschuss der Stadt Bremen in Gang gesetzt wird. 84,8 Prozent der Kosten des Jobcenters zahlt der Bund dazu, auch aus Steuermitteln.
Bremen hat die Mittel für zwei Jahre bewilligt und wird die verlängern müssen, wenn sich die intensivere Betreuung von „arbeitsnahen Profillagen“ bewährt und zu Einsparungen an anderer Stelle führt – insbesondere die kommunal zu finanzierenden Zuschüsse für Unterkunft und Heizkosten hat die Finanzsenatorin im Visier.
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