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Die Anderen

■ Liberation / Financial Times: Öffnung der DDR-Medien / Le Figaro / L'Unita: Kurssturz, Börsen

Liberation

Die überraschende Öffnung der DDR-Medien für Regimekritik stellt die linke Pariser Tageszeitung fest:

Mag er auch unzusammenhängend und beschränkt sein, der Dialog ist da. Die in alle Richtungen zielenden Stellungnahmen in den DDR-Medien waren noch vor wenigen Tagen kaum vorstellbar. Doch die Opposition beobachtet die so unerwartete Bekehrung zu den Freuden der Meinungsfreiheit mit Skepsis. Denn die netten Beschwerden, die seit einigen Tagen auf dem Bildschirm und in der Presse offen ausgedrückt werden, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die echte Regimekritik keinen Platz in dieser großzügigen landesweiten Gesprächsrunde hat.

Financial Times

Zum gleichen Thema meint das Wirtschaftsblatt:

Die internationale Wirtschaft ist nun sieben Jahre lang expandiert. Es gibt zwar kein Gesetz, wonach bald eine Rezession eintreten wird, aber je älter ein solcher Zyklus wird, desto mehr ist er der Gefahr eines wirtschaftlichen Schocks ausgesetzt. Trotzdem gibt es gute Gründe zu hoffen, daß die Welt sich an eine geringere Wachstumsrate gewöhnt, ohne in eine umfassende Rezession zu fallen. Dieser relativ positive Ausblick auf die Weltwirtschaft hängt nicht von kurzfristigen Bewegungen der Aktienmärkte ab. Das ist etwas, das potentielle Verkäufer bedenken sollten.

Le Figaro

Die konservative Zeitung zieht die Lehren aus der neuen Unsicherheit an den Börsen.

In einem unsicheren Klima wissen sich nur die am besten geführten Länder, die über das stärkste Geld und die besten Unternehmen verfügen, gegen die Gewitter von außerhalb zu schützen. Die anderen sind dazu verdammt, in einem Zustand der Nichtentwicklung zu stagnieren. Um das zu verhindern, und dies ist die zweite Lehre, müssen alle an der Wirtschaft Beteiligten im selben Sinne und im gleichen Glauben handeln. Der Staat muß sich bei seiner wirtschaftlichen Führung hart zeigen, die Gewerkschaften müssen in ihren Forderungen realistisch und die Unternehmensführer in ihren strategischen Entscheidungen seriös sein.

Solange die internationale Gemeinschaft nicht übereingekommen ist, wieder ein Geldsystem zu schaffen, das seines Namens würdig ist, wird die Welt bedroht sein und das kleinste Mißgeschick kann in eine monetäre und im folgenden auch wirtschaftliche Katastrophe ausarten. In diesem Sinne weist Europa mit seinem Währungssystem seit zehn Jahren den Weg, der zu folgen ist. Aber Europa ist nicht allein, und es ist nicht mächtig genug, um sein Gesetz aufzuzwingen.

L'Unita

Die kommunistische italienische Tageszeitung kommentiert den jüngsten Kurssturz an der Wallstreet:

Die großen Finanzinstitute der Vereinigten Staaten, der Bundesrepublik und Japans stehen vor einem Dilemma: Sollen sie das Handelsbilanzdefizit der USA akzeptieren und weiter finanzieren, oder wollen sie riskieren, ihre Vermögen in einem Börsenkrach und einer nachfolgenden Entwertung des Dollar zu verlieren? Es scheint so, als ob die Kräche in New York sich jedesmal dann ereignen, wenn Deutschland oder Japan eine gewisse Müdigkeit als Finanziers zeigen.

Dem Börsensturz vom Oktober 1987 waren Spannungen mit Deutschland vorausgegangen. In diesem Jahr hatten die europäischen Zentralbanken nach dem Treffen des internationalen Währungsfonds erneut versucht, den Höhenflug des Dollars zu beenden. Mit einzigartiger Symmetrie ereignete sich der Krach an der Wallstreet erneut, nachdem die Bundesrepublik wieder ihren Zinssatz erhöhte. Konsequenz dieser Spielchen zwischen Mark und Dollar ist die Tatsache, daß die Mark im europäischen Umfeld sich mit immer größerer Selbständigkeit bewegen kann.

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