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■ Die Anderen"Le Monde" aus Paris vergleicht Deutschlands Strukturprobleme mit denen Italiens

„Le Monde“ aus Paris vergleicht Deutschlands Strukturprobleme mit denen Italiens: Sicher, Bonn hat noch nicht den Charme von Rom, München nicht die Glut von Mailand. Dennoch wehen italienische Winde in letzter Zeit mit Macht über Deutschland. Das berühmte „rheinische Modell“ ist, so könnte man sagen, auf dem Wege der „Italienisierung“. Deutschland, das war Anti-Italien: die wirtschaftliche Tugend gegen die Untugend, die technische Strenge gegen die künstlerische Unbekümmertheit, die politische Stabilität gegen das endlose politische Spiel in Rom. So sah das Bild aus, das man sich lange in Frankreich machte. Doch heute wird der Gegensatz zwischen beiden Länder immer flauer.

Was sieht man auf der anderen Seite des Rheins? Öffentliche Finanzen als Objekt lebhafter „Manipolazioni“, ein Kleinwagen einer Marke mit einem großen Namen, der umkippt, sowie blockierte Wirtschafts- und Sozialreformen. Das erste von der Realität widerlegte Klischee ist die vermeintliche wirtschaftliche Strenge. Die Deutschen, die so gerne Lektionen erteilen, erweisen sich heute als wenig tugendhaftes Volk. Die Bundesrepublik hat mit der Wiedervereinigung sicher einen ungewöhnlich heftigen Wirtschaftsschock erlebt. Doch bis heute macht sie dabei keine gute Figur. So entsteht in Ostdeutschland ein deutscher Mezzogiorno, eine stark subventionierte Billiglohn-Region nach dem Vorbild Süditaliens.

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