■ Die Anderen: Die unabhängige französische Zeitung "Le Monde" zur Kubareise des Papstes / Die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza" zum gleichen Thema / Der liberale britische "Guardian" zum Rechtsextremismus in Deutschland
Die unabhängige französische Zeitung „Le Monde“ zur Kubareise des Papstes: Man kann bei Fidel Castro sicher sein, daß er bei Johannes Paul II. ein langes Lamento gegen die „Yankees“ loslassen wird. Er wird ein Embargo kritisieren, das die wirtschaftliche Umgestaltung der Insel verhindert. Man kann darauf wetten, daß Johannes Paul II. seinem Gastgeber bei diesem Thema ein Stück folgen wird.
Aber es ist nicht sicher, wer von den beiden „Politikern“, Karol Wojtyla oder Fidel Castro, mehr von dieser Episode profitiert. Denn die kommunistische „Nomenklatura“ Kubas hat viel zu verlieren, wenn das Embargo ins Wanken gerät. Sie rechtfertigt damit die Beherrschung eines Teils der Wirtschaft und die Kontrolle der Bevölkerung. Wenn der Papst den Druck gegen das Embargo erhöht, wird er ein weiteres Mal zur Erschütterung eines kommunistischen Regimes beitragen.
Die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“, die in Warschau erscheint, zum gleichen Thema: Fidel Castro geht ein Risiko ein. Er setzt darauf, daß der päpstliche Besuch dem Land mehr Prestige verleiht und einen Beweis dafür liefert, daß dort Toleranz und Glaubensfreiheit herrschen.
Die Botschaft des Papstes richtet sich aber deutlich gegen den Totalitarismus. Die Reisen des Papstes nach Polen haben zum Zusammenbruch des Kommunismus in Polen beigetragen. Auf Kuba wird dieser eine Besuch das Regime nicht stürzen. Er wird aber seine Zersetzung beschleunigen. Die katholische Kirche wird ihre Errungenschaften absichern. Kuba wird nach dem Besuch des Papstes völlig anders als vorher sein.
Der liberale britische „Guardian“ zum Rechtsextremismus in Deutschland: Als die DDR unterging, galten die riesigen Demonstrationen, mit denen die kommunistische Führung hinweggefegt wurde, als eine uneingeschränkt gute Sache. Aber schon damals gab es Warnungen, daß neben Liberalen, Sozialisten und Christen auch Nationalisten unter den Demonstranten waren, die dem Rassismus zuneigten und die Niederlage der Nazis von 1945 bedauerten.
Auch die westliche Hälfte Deutschlands ist gegenüber diesen Entwicklungen nicht immun geblieben. In beiden Teilen Deutschlands wird im Wahljahr die Politik von Rassismus und extremistischen Ideen beeinflußt. Eine Regierung, die sich als führende Kraft in Europa versteht, hat sicherlich die Aufgabe, das Anschwellen rassistischer Einstellungen einzudämmen – ob sie sich nun in rohen Protesten im Osten oder in subtileren Varianten im Westen ausdrüc-
ken.
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