■ Die Anderen: "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zum Bundeswehr-Untersuchungsausschuß / "Neue Zürcher Zeitung" und "Süddeutsche Zeitung" zu Algerien
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kommentiert den Bundeswehr-Untersuchungsausschuß: Verteidigungsminister Rühe hat seinen besten Zug auf dem Personalschachbrett gemacht. Die Berufung des „Helden vom Oderbruch“ zum künftigen Generalinspekteur der Bundeswehr zeigt Raffinement. Wer sonst, wenn nicht General von Kirchbach, kann vorführen, daß die Bundeswehr eine untadelige Führung hat, daß sie im Volk verwurzelt und auch in Friedenszeiten kein Selbstzweck ist. Und es müßte schon mit dem Teufel zugehen, wenn der Glanz des Generals nicht auch seinen Feldherrn im Glanz erscheinen ließe. Doch so brillant dieser Zug ist, so verräterisch ist er auch. Wie stark muß sich Rühe unter Druck gefühlt haben, daß er lange vor der Zeit ohne Not eine Entscheidung bekannt gibt, die ihm zugute kommen soll, aber den gegenwärtigen Generalinspekteur, der erst in einigen Monaten die Altersgrenze erreicht, zu einem obersten Militär auf Abruf stempelt?
Die „Neue Zürcher Zeitung“ stellt eine Ohnmacht Europas gegenüber Algerien fest: Europa hat auf die Schlächtereien in Algerien bisher mit einem schlechten Gewissen, düsteren Warnungen vor einer Flüchtlingswelle aus dem Maghreb und zaghaften diplomatischen Interventionsversuchen reagiert. Letztgenannte haben bis dahin kaum über den Austausch von Goodwill-Botschaften und Unverbindlichkeiten hinausgeführt. Auch der jüngste Besuch einer Delegation des EU-Parlaments in Algier hat den Eindruck, die Europäer täten sich mit dem algerischen Geschehen äußerst schwer, nicht zerstreuen können.
Ohne Not ließen sich die Parlamentarier vor den Karren des Regimes spannen. Statt geschlossen aufzutreten, bot die EU-Abordnung aus Straßburg das wenig erbauliche Schauspiel öffentlich ausgetragener Dissonanzen. Noch kontraproduktiver war, daß die Delegation ihrer eigenen Mission von vornherein Fesseln auferlegte und mit Algerien vereinbarte, sie werde mit den teils inhaftierten, teils unter Hausarrest stehenden und teils freigelassenen Führern der Islamischen Heilsfront (FIS) keinen Kontakt aufnehmen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt zum Irak-Konflikt: Nur eine glaubwürdige Drohung kann Saddam noch ernüchtern, und diese erfordert leider die Bereitschaft, sie auch auszuführen. Clintons Zögern und der Widerstand in Paris, Moskau und Peking können aber Saddam nicht beeindrucken. Das ist das Perverse an dem jetzigen Patt: Je mehr gezögert wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, daß zum Schluß doch Gewalt folgen muß. Und was käme dann? Vielleicht gibt Saddam erst nach, wenn er die Rechnung präsentiert bekommt. Diesmal wird es nicht bei Nadelstichen bleiben. (...) Je schwächer er ist, desto besser für den Rest der Welt. Zumindest würde er gelernt haben, daß sein Katz-und-Maus-Spiel nicht aufgeht.
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