■ Die Anderen: Die russische Tageszeitung ""Sewodnja" und das russische Blatt "Nowye Iswetija" über die Irak-Krise / Zu dem bevorstehenden Militäreinsatz der USA gegenüber dem Irak meint "Corriere della Sera" aus Mailand
Die russische Tageszeitung „Sewodnja“ verteidigt die Rolle der USA als Weltpolizist: Der ,Weltgendarm‘ USA ignoriert Rußland und untergräbt dessen Position in der arabischen (und jeder anderen) Welt. Das stimmt. Gäbe es aber diesen ,Weltgendarmen‘ nicht, dann hätte Rußland leider viel auszustehen. Natürlich kann Moskau den USA zum Trotz Saddam die Stirn küssen. Trotzdem aber ist die Nachbarschaft mit dem unwägbar aggressiven, mächtigen islamischen Führer für das geschwächte Rußland schrecklich gefährlich. Und wenn wir nicht wüßten, daß der ,Weltgendarm‘ imstande ist, ihn zu bändigen, müßten wir wohl selbst die Rolle des ,Regionalgendarmen‘ spielen. Dieses Unternehmen aber könnte sich das entkräftete Rußland schon gar nicht leisten. So ist es also doch gut, daß es diese groben USA gibt!
Das russische Blatt „Nowye Iswestija“ sieht in der Irak-Krise ein Zeichen, wie unbedeutend Rußland international ist: Cohen hat auf die Ermahnungen (des russischen Verteidigungsministers Igor) Sergejews hin einfach abgewinkt. Die USA sind nach wie vor fest entschlossen, den Irakern zu zeigen, wo der Hase lang läuft. Wir aber können nach wie vor die Amerikaner nicht beeinflussen, weil wir einfach über keine Mittel dafür verfügen. Vor dem Hintergrund der scharfen Meinungsverschiedenheiten zum brennenden politischen Problem des heutigen Tages scheinen die Ratifizierung des Start-II-Vertrages, die Perspektiven für die Ausarbeitung eines Start-III-Abkommens sowie die gemeinsame Tätigkeit zur Aufrechterhaltung des Friedens in Bosnien und Herzegowina in den Hintergrund zu treten.
Zu dem bevorstehenden Militäreinsatz der USA gegenüber dem Irak meint „Corriere della Sera“ aus Mailand: Bill Clinton weiß genau, daß ein Blitzangriff aus der Luft ohne 100.000 Infanteristen am Boden keinen Kriegsgewinn bringt. Schlägt er dennoch zu, dann um Saddam und der Welt zu zeigen, daß Washington noch die Nummer eins ist. Tony Blair verteidigt ihn, weil er findet, daß London – Ideologie hin, Ideologie her – besser auf der Seite der Macht steht. Er glaubt mehr an die atlantische Achse, als an das Europa von Kohl, Jospin und Prodi.
Kein vernünftiger Mensch kann die Bedrohung durch das chemische und atomare Arsenal von Saddam ignorieren. Ein Militärschlag würde die Gefahr bremsen, ohne sie zu stoppen. Doch die Aktion würde der Welt signalisieren, daß die Vereinigten Staaten zum Ausklang des Jahrhunderts noch der Mittelpunkt der Welt sind. Wer eine andere Führungsmacht wünscht, soll versuchen, sie mit Mut und Intelligenz aufzubauen. Zu sehen ist von ihr bisher noch nichts, weder bei den Vereinten Nationen und noch weniger in Europa.
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