■ Die Anderen: "Süddeutsche Zeitung" zur Großen Koalition in Sachsen-Anhalt / "La Repubblica", "De Volkskrant" zur Währungsunion
Heribert Prantl schreibt in der „Süddeutschen Zeitung“ zu einer Großen Koalition in Sachsen-Anhalt: Der unglücklichste Mensch in Sachsen-Anhalt heißt Reinhard Höppner. Er hat die Wahl gewonnen, aber er wird sein Gesicht verlieren. (...) Die Bonner SPD- Zentrale zwingt ihn zu einer Großen Koalition mit der CDU. Und wenn er sich weigert? Dann, so sagen die Genossen, wird er ganz allein schuld sein, wenn die SPD die Bundestagswahl noch einmal verliert. (...) Schon ein kleines Risiko ist den Bonner Genossen zu groß. Soll die Bundespartei sich in Gefahr begeben, nur weil ein kleiner Ministerpräsident sein Gesicht wahren will? Weil er seinen Wählern versprochen hat, daß es mit ihm keine Große Koalition geben wird? Weil er zeigen will, daß die Ost-SPD eine eigenständige Kraft ist? Das alles zählt nicht in der Gesamtkalkulation der Bonner SPD-Baracke, dort rechnet man so: Selbst wenn Höppner politisch entmannt und die SPD im Osten als unglaubwürdig dasteht, selbst wenn sie deswegen bei den Bundestagswahlen und bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern massenhaft Stimmen an die PDS verliert – was ist das schon im Vergleich zu den Stimmverlusten, die im Westen drohen könnten, wenn die SPD in Sachsen- Anhalt eine PDS-tolerierte Minderheitsregierung bildet? West setzt sich wieder einmal durch im Osten, so empfindet das Höppner, und er geht davon aus, daß die Wähler im Osten genauso fühlen.
„La Repubblica“ aus Rom schreibt über die Währungsunion: Die Geburt der Einheitswährung stellt in der Geschichte Europas eine beispiellose Wende ohne Grenzen dar, weil niemand das Ergebnis des Abenteuers kennt, das in Brüssel beginnt. Nach 50 Jahren des Friedens versucht das Europa der Kriege, der Totalitarismen und der Teilungen ein einheitliches Subjekt zu werden – über den einzigen heute möglichen gemeinsamen Nenner: die Währung. Es ist eine eindimensionale Konstruktion, weil sie als einzigen Horizont den Markt hat, nicht die Politik oder die Institutionen. Und doch bahnt sich im alten Kontinent eine Wende mit starker politischer Bedeutung an. Erstmals proklamieren ohne Kriegszwänge elf Länder feierlich eine Souveränitätsabtretung, indem sie für den Euro auf ihre nationale Währung verzichten.
„De Volkskrant“ aus Amsterdam schreibt zum gleichen Thema: Der Euro ist das Symbol für eine immer stärkere Zusammenarbeit in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Oft folgte auf wirtschaftliche Projekte politische Zusammenarbeit. Es ist zu hoffen, daß der Euro zu einem demokratischeren Europa und zu einem größeren politischen Zusammenwirken führen wird. Das Streben nach Zusammenarbeit in Europa entspringt dem Wunsch nach Stabilität. Das Aufgeben des Gulden ist ein kleiner Preis, der für eine stärkere europäische Einigung bezahlt werden muß.
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