■ Die Anderen: „The Oberserver“, „La Repubblica“ und „Journal du Dimanche“ kommentieren die Festnahme von Ex-Diktator Augusto Pinochet in London / „Dernieres Nouvelles d'Alsace“ kommentiert die Einigung von SPD und Grüne über den Atomausstieg
„The Observer“ aus London kommentiert die Festnahme von Ex-Diktator Augusto Pinochet in London: Es gibt Anzeichen von Veränderungen, bei denen der britische Außenminister Robin Cook eine führende Rolle zu spielen scheint. In den Fragen von Folter, Todesstrafe, dem Waffenhandel und bei der Unterstützung von Kriegsverbrechergerichten beginnt Großbritannien, eine ehrenwerte Rolle zu spielen. Die Tatsache, daß die große Zahl der Pinochet- Anhänger im Establishment ihn nicht mehr vor der Justiz schützen kann, eröffnet die Hoffnung, daß künftig auch andere Tyrannen nicht mehr ruhig schlafen können. Alles in allem ein guter Anlaß, den Jahrestag der Deklaration der Menchenrechte zu feiern.
„La Repubblica“ aus Rom schreibt dazu: „Verflucht sei Chile, wenn Pinochet in seinem Bett stirbt“, war am 11. März auf den Mauern Santiagos geschrieben, als der neue Senator auf Lebenszeit erstmals das Oberhaus betrat – frei, ehrfürchtig begrüßt, ein Sieger. Es schien, als werde der Ex-Diktator ungestraft sterben können. Auch jetzt, nach der Festnahme Pinochets, fällt es schwer zu glauben, daß er seine Tage in einem spanischen Gefängnis beschließen wird. Aber auch, falls ihn juristische Spitzfindigkeiten oder die Angst vor einer Beeinträchtigung der Geschäfte und der Beziehungen mit Santiago retten sollten – dann ist dies doch ein großer Tag für das demokratische Chile und für jenes Europa, das nicht vergißt.
„Journal du Dimanche“ aus Paris meint: Pinochet festgenommen – ein Vierteljahrhundert nach seinem blutigen Staatsstreich. Derjenige, der das Massaker an der chilenischen Demokratie befohlen hat, nur weil ihr ein Sozialist vorstand. Derjenige, der eine brutale Unterdrückung organisiert hat, Hunderte von Oppositionellen verschwinden ließ. Es ist eine gute Nachricht für die chilenischen Demokraten. [...] Stellen wir uns vor, wie es weitergehen könnte: Pinochet wird nach Madrid ausgeliefert, verhaftet, verurteilt, hinter Gitter gebracht. Dies wäre ein guter Weg, nachwachsenden Diktatoren eine Warnung zu erteilen. Es wäre eine gute Art und Weise, den 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu feiern.
„Dernieres Nouvelles d'Alsace“ aus Straßburg kommentiert die Einigung von SPD und Grünen über den Atomausstieg: In naher Zukunft könnten sich die beiden Rheinufer voneinander entfernen. Die künftige Regierung Deutschlands erklärt, aus der Atomenergie aussteigen zu wollen. Atom wird allmählich zugunsten anderer Quellen aufgegeben: umweltfreundlichere Kohle, Wind, Sonne, ja, in Zukunft auch Wasserstoff. Dies wird man in Frankreich verstehen müssen, wo das Kommissariat für Atomenergie noch zu bestimmen scheint. Aber eins ist ziemlich sicher: Ein Deutschland, das die Kernkraft aufgibt, wird Frankreich mit einer Spitzentechnologie allein lassen, die morgen vielleicht schon unbrauchbar sein wird.
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